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Aus zusammengefassten und anonymisierten Bewegungsdaten von Mobilfunknutzern lassen sich wichtige Schlüsse über die Verbreitung von Epidemien ziehen. Gleichzeitig brauche es weitreichende Zusammenarbeit von Wissenschaft, Unternehmen, Datenschützern und öffentlichen Stellen, um Datenschutz zu gewährleisten und Missbrauch zu verhindern, wie ein Forscherteam im Fachjournal "Science Advances" betont.
In der Arbeit skizzieren Datenwissenschaftler, Epidemiologen, Demographen sowie Vertreter von Mobilfunkanbietern, wie in der aktuellen Coronakrise auf Basis von Handydaten das Verhalten der Bürger analysiert sowie gesetzte Maßnahmen und deren Wirkung sinnvoll nachvollzogen werden können. Der Ansatz biete zahlreiche Möglichkeiten in einer Pandemie rasch und nachvollziehbar Entscheidungen zu treffen, wenn es etwa Hinweise auf Clusterbildung gebe oder es zu anderen unerwünschten Entwicklungen komme, schreiben die Wissenschaftler, zu denen auch der Geograph Harald Sterly von der Universität Wien zählt, in ihrer Arbeit. Das lasse sich anhand zahlreicher Forschungsergebnisse ablesen.
Dazu brauche es eben nicht nur Infektionsdaten sondern auch möglichst aktuelle Informationen über das menschliche Verhalten, "im Speziellen zur Mobilität und zu Kontakten", betonen die Wissenschaftler. Um hier sinnvolle Lösungen zu entwickeln, sollten Teams aus Regierungsvertretern, Mobilfunkfirmen, Technologieunternehmen wie Google, Facebook oder Apple und Wissenschaftlern gebildet werden. Als Grundlage sollten vor allem anonymisierte Bewegungsdaten genutzt werden, in denen jeweils Informationen über mehrere Bürger zu einer größeren Einheit zusammengefasst, bzw. aggregiert werden. Deren Verwendung sei auch mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar. Datenschutzexperten, Juristen und Ethiker sollten früh in die Entwicklung von Systemen einbezogen werden, es brauche transparenten internationalen Erfahrungsaustausch und es sollten nur Auswertungen gemacht werden, die in Bezug auch die Pandemie-Situation auch tatsächlich nützlich sind.
Auch angesichts der drängenden Zeit dürfe es nicht zu Verschlechterungen bei Bürgerrechten und Datenschutz kommen, betonen die Forscher. Arbeiten hier Mobilfunkanbieter mit demokratisch gewählten Regierungen und Wissenschaftlern zusammen, sei das "weniger problematisch, als die Verwendung von personenbezogenen Daten zu Aufenthaltsorten, die von gewinnorientierten Firmen gesammelt werden". Sind solche Systeme schlecht aufgesetzt, indem sie etwa Datenschutzstandards verletzen, könne das erheblichen Schaden anrichten. Die jetzt erarbeiteten Lösungen und Standards dürften im Hinblick auf etwaige weitere Epidemien auch nicht wieder in Vergessenheit geraten, schreiben die Wissenschaftler.
In Österreich liefern das Telekomunternehmen A1 und das Grazer Unternehmen Invenium dem COVID-19-Krisenstab der Regierung täglich anonymisierte Analysen über die aggregierten Bewegungsmuster der Bürger. Die Berichte beruhen auf Information darüber, welche Mobiltelefone sich über die SIM-Karte über den Tag verteilt an welchen Handymasten einwählen. Die Grunddaten bleiben zu jeder Zeit bei A1. Jedes Handy erhält eine für das Tracking automatisch zufällig generierte Nummer zugewiesen, die alle 24 Stunden neu vergeben wird. Auch das Complexity Science Hub Vienna (CSH) und die Technischen Universität (TU) Wien arbeitet im Zuge der Coronakrise Bewegungsdaten der Österreicher wissenschaftlich auf.