Lösungen
Produkte
Informationen zu unseren Produkten, die Gesundheitsprofis entlang der gesamten Patient Journey unterstützen.
ARTIKEL
Erfahren Sie alles über die Vision, Mission sowie die Menschen, die die CompuGroup Medical weltweit prägen.
Aktuellen Schätzungen zufolge soll es über 300.000 Apps alleine in den Kategorien Gesundheit & Fitness sowie Medizin geben. Darunter befinden sich auch Plattformen und Apps, die die Pflege und Betreuung von Angehörigen erleichtern wollen.
Die Idee ist international gesehen nicht neu, seit einigen Jahren bestehen z.B. die niederländische Plattform Drimpy, die britische Caring Bridge, die amerikanischen Plattformen Lotsa Helping Hands, Caring Village oder Care Zone, die es Patienten ermöglichen, ein individuelles Pflege- und manchmal auch Ärztenetzwerk zusammenzustellen, darin zu kommunizieren und zu dokumentieren. Die angebotenen Features ähneln sich in den Basisfunktionen im Aufbau eines Teams rund um den Patienten, variieren jedoch im Umfang und in der Vernetzung mit z.B. Spitälern oder Wearables. Ein Medikamentenmanagement ist oft zu finden und reicht von einfachen Listen bis hin zur Medikamentenprotokollierung und Erinnerung für Nachbestellungen. Meist runden ein gesicherter Chat, ein Kalender, ein Tagebuch oder medizinische Informationen das Angebot ab. So gut wie alle Plattformen sind sowohl webbasiert als auch via App nutzbar. Die Basisfunktionen sind meist kostenfrei mit kostenpflichtigen Zusatzfunktionen.
Dergleichen umfangreiche Apps sucht man im deutschen Sprachraum jedoch vergeblich. Am ehesten ist noch die Plattform Youtoo vergleichbar. Zwei weitere, DEA – Lebensfreude-Demenzapp und SUCCESS, die noch in Entwicklung sind, richten sich speziell an Familienmitglieder von an Demenz erkrankten Menschen. Youtoo wurde von Michael Matzner und Christian Gierlinger, Mitglied der Geschäftsleitung der Elisabethinen Linz-Wien GmbH, mit Hilfe der Wirtschaftsagentur Wien entwickelt.
Matzner begleitete viele Jahre seine Mutter mit Demenz: „Diese freiwillige Tätigkeit inspirierte mich zum Aufbau einer digital unterstützten Plattform, mit der Familien, Nachbarn und Freunde ihre Hilfe für Menschen im Alter besser planen, koordinieren und abstimmen können.“ Die Kernfunktion der Aufgabenverteilung und Koordination wird mit einem Family Chat, Blogs, Podcast und e-Learning-Strecken zu den Themen Pflege und Betreuung ergänzt. Youtoo ist webbasiert, aber auch als App verfügbar und wurde 2014 mit dem oberösterreichischen Innovationspreis Edison ausgezeichnet.
Die App von DEA – Lebensfreude-Demenzapp, einem gemeinsamen Projekt der MedUni Wien und der FH Campus Wien, stellt drei Module zur Verfügung – Aktivität, Kommunikation und Information. „Das Aktivitätsmodul ist am häufigsten genutzt worden“, sagt Franz Werner, Projektleiter der FH Campus Wien. „Bei einer Stichwortsuche im Internet sucht man teilweise extrem lang. Hier hat man alles gebündelt, und das finde ich gut“, beurteilte eine Probandin. Die Ergebnisse der randomisiert-kontrollierte Studie mit 46 Teilnehmern wird Mitte Oktober präsentiert. „Da demenzielle Erkrankungen mit einem Stigma behaftet sind, kann eine niederschwellige Smartphone-App gerade bei ersten Anzeichen rasch aus dem App-Store bezogen und sehr gut als erster Ratgeber genutzt werden“, meint Werner.
SUCCESS ist ein Projekt des Austrian Institute of Technology (AIT), eine interaktive Trainings-Applikation für mobile Geräte, um Betreuungspersonen, Angehörige oder auch Personen, die in der Öffentlichkeit arbeiten, zu begleiten. Neben emotionaler Unterstützung bieten Rollenspiele mit einem Avatar mit Demenz realistische Szenarien, um in Alltagssituationen vorbereitet zu sein. Markus Garschall, Projektleiter AIT, sagt: „Begonnen haben wir mit ethnographischen Studien bei pflegenden Angehörigen daheim und in Pflegeeinrichtungen, danach wurde die App unter laufender Einbindung von Vertretern aus unserer Nutzergruppe erstellt.“ Zurzeit werden erste Prototypen im Technology-Experience-Lab mit 30 Benutzern in Österreich und 30 in Rumänien in einer sechsmonatigen Feldstudie durchgeführt. Ein paar Einblicke aus den ersten Rückmeldungen: Eine pflegende Angehörige erzählt da z.B.: „Ich habe mir das interessehalber durchgelesen, weil das ja oft wirklich eine schwierige Situation ist, die Sache mit dem ‚Ich möchte mich nicht waschen‘ […] Und da hab‘ ich einmal fast wortwörtlich die vorgeschlagenen Argumentationen übernommen und es hat total gut funktioniert. Das ist jetzt ein Standardsatz, den ich mir immer im Hinterkopf behalte.“ Eine professionelle Pflegekraft meint: „Was mir total gefällt, ist, dass es auch zur Selbstreflexion Anhaltspunkte gibt.“
Quelle: ÖKZ 11/2019 (Jahrgang 60), Schaffler Verlag