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Ein Algorithmus durchsucht Krankengeschichten von Personen mit chronischen Erkrankungen. So steigt die Wahrscheinlichkeit, schneller zu einer Diagnose und damit zu Behandlungsoptionen zu kommen.
Unter dem Sammelbegriff „seltene Erkrankungen“ sind etwa 8.000 unterschiedliche Krankheitsbilder zusammengefasst, von denen in Österreich in etwa 500.000 Menschen betroffen sind. Nur für etwa 400 Krankheiten gibt es Behandlungen, sonst geht es darum, Symptome zu bekämpfen. Patienten durchlaufen oft jahrelang unterschiedlichste Stationen im Gesundheitssystem, bis die richtige Diagnose gefunden ist. Hier setzt ein Projekt an, das in Zusammenarbeit der Salzburger Landeskliniken/PMU mit einem Softwarespezialisten entwickelt wurde. Die medizinische Führung des Projektes hat Elmar Aigner. Er ist leitender Oberarzt an der Uniklinik Salzburg für Innere Medizin I sowie in Forschung und Lehre an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg (PMU) tätig.
Das Prinzip dahinter: Ein selbstlernender Algorithmus durchläuft Krankengeschichten von Patienten mit nicht geklärten chronischen Problemen und liefert behandelnden Ärzten Verdachtsdiagnosen. Jama Nateqi, ein ehemaliger Student der PMU Salzburg, der inzwischen eine IT-Firma gegründet hat, wandte sich mit dieser Idee an Aigner. Nach eineinhalb Jahren Vorbereitungszeit startete kürzlich ein Forschungsprojekt dazu, das auf zwei Jahre angesetzt ist und von drei PhD-Studenten der PMU mitbetreut wird. Das Budget von 200.000 Euro wird auch durch eine Kooperation mit einem Pharmaunternehmen aufgebracht.
Ein Fokus des Projekts sind genetisch bedingte Erkrankungen im Erwachsenenalter. Wenn Elmar Aigner zurückblickt, ist er überrascht, wie reibungslos es gelang, Vorgesetzte sowie ärztliche Direktion und Geschäftsführung der SALK vom Projekt zu überzeugen sowie technische und juristische Fragen zu klären: Von Anfang an habe eine positive Grundstimmung vorgeherrscht. Ebenso konnten die hausinternen Juristen saubere Lösungen finden, vor allem beim sensiblen Faktor Datenschutz.
„Das Projekt wurde von allen in einer intensiven Form mitgetragen, sonst wären wir nicht so schnell am Start gewesen.“
Aigner berichtet, dass am Anfang Planungen mit der IT und der Stabsstelle „Kooperationen und Beteiligungen“ der SALK standen. Aigner erhofft sich in einem halben Jahr erste valide Ergebnisse aus dem Projekt.
„Genutzt wird ein Schatz an Daten, der schon seit vielen Jahren gesammelt wurde und jetzt sehr schnell durchsucht und damit nutzbar gemacht werden kann. Die Erwartung ist, dass es damit deutlich schneller möglich sein wird, in der Datenflut Muster, also seltene Krankheiten zu entdecken und damit eine adäquate Therapie beginnen zu können“, so Aigner.
Die gefundenen Verdachtsdiagnosen werden mithilfe weiterer Untersuchungen abgeklärt, wobei dies dann deutlich leichter sei, da bekannt ist, auf welche Parameter der Fokus zu richten ist. Nach wie vor wichtig sei die Interpretation des Ergebnisses durch spezialisierte Ärzte, aber die künstliche Intelligenz liefert sehr konkrete Ansatzpunkte, die bislang vor allem aufgrund der Fülle an Daten und der großen Zahl seltener Krankheiten und ihrer oft unterschiedlichen Erscheinungsformen lange Zeit übersehen oder nicht sichtbar wurden.
„Damit können Patienten jahrelange Leidenswege erspart werden – besonders, wenn eine Krankheit nicht so intensiv ausgeprägt ist, aber trotzdem immer wieder zu gesundheitlichen Beschwerden führt.“
Es erhöhe sich zudem die Wahrscheinlichkeit, seltene Krankheiten schon im jüngeren Alter als solche zu diagnostizieren. Für Medizin und Pflege liefere der Algorithmus nicht nur Ausgangspunkte für punktgenaue Diagnosen, sondern ebenso für eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit für die Betreuung von Menschen mit seltenen Krankheiten. Gleichzeitig sollen sich Impulse für eine erhöhte Sensibilität für das Thema der seltenen Erkrankungen ergeben.
Quelle: ÖKZ 03-04/2021 (Jahrgang 62), Springer-Verlag