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Internationale Studien und aktuelle österreichische Erhebungen deuten auf dramatische Folgen des ersten Lockdowns während der COVID-19-Pandemie für Krebspatienten hin. Krebshilfe und sieben onkologische Fachgesellschaften rufen daher dazu auf, Früherkennungsuntersuchungen und Behandlungen wahrzunehmen.
"Die COVID-19-Pandemie ist nicht nur eine der größten Gesundheitskrisen des letzten Jahrhunderts, sie zieht auch massive Kollateralschäden nach sich. Nicht zuletzt bei Menschen mit einer Krebserkrankung", konstatiert Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe. "Erste internationale Untersuchungen bestätigen das ganz klar. Krebspatienten haben ein erhöhtes Risiko, eine COVID-19-Erkrankung schlecht zu überstehen. Vor allem aber können die COVID-19-bedingten Einschränkungen des sozialen Lebens negative Effekte bei Krebspatienten generieren. Zusätzlich erhöhen die verspäteten Diagnosen und der reduzierte Zugang zu Therapien die Mortalität der KrebspatientIen." "Diese Risiken dürfen nicht unbeobachtet bleiben", fasst Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hilbe, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO), zusammen.
Deshalb haben Krebshilfe und OeGHO eine Initiative gestartet und appellieren gemeinsam mit sechs weiteren onkologischen Fachgesellschaften eindringlich, Krebsfrüherkennungsuntersuchungen und -therapien unvermindert wahrzunehmen.
Anlass dazu lieferten erste wissenschaftliche Publikationen, die die negativen Folgen der COVID-19-Pandemie beleuchten. So belegt etwa eine US-amerikanische Untersuchung [1] einen durchschnittlichen Rückgang der Tumordiagnosen von über 46 % im Frühjahr - quer über sechs Tumortypen. "Besonders drastisch war dabei die Reduktion bei Mammakarzinomen", betont OA Dr. Christian Schauer, Präsident der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie der OEGGG (AGO). "Da wurden um 52 % weniger Tumore diagnostiziert, was keinen echten Rückgang bedeutet, sondern bloß, dass diese Fälle nicht erkannt wurden." Eine im renommierten Journal Lancet veröffentlichte, englische Studie [2] rechnet eine markante Zunahme der Sterblichkeit in den nächsten fünf Jahren vor, die durch die verzögerte Diagnose von Krebserkrankungen verursacht wird. Die Wissenschaftler gehen dabei von 5 % bis fast 17 % mehr Todesfällen in den vier Tumorgruppen Brustkrebs, Darmkrebs, Lungenkrebs und Speiseröhrenkrebs aus.
Um die Situation in Österreich einschätzen zu können, haben die acht Träger der Initiative in den letzten Wochen eine qualitative Umfrage unter den heimischen Krebsspezialisten durchgeführt. Mit ebenfalls besorgniserregenden Ergebnissen: Immerhin mehr als drei Viertel der Krebsspezialisten haben während der beiden Lockdowns im Frühjahr und im Herbst einen Rückgang an onkologischen Leistungen bemerkt - und zwar um etwa ein Drittel. Ausschlaggebend dafür waren vor allem ein eingeschränkter Zugang zu Früherkennungs- bzw. Vorsorgeuntersuchungen sowie die Verschiebung diagnostischer Leistungen. "In den heimischen Pathologie-Instituten hatten wir etwa einen Rückgang von Diagnosen um rund 30 % zu verzeichnen, bezogen auf das gesamte Jahr 2020", betont Prim. Univ.-Prof. Dr. Sigur Lax, Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Klinische Pathologie und Molekularpathologie (ÖGPath). Aber auch die Verzögerungen bei kurativen Maßnahmen wie Operationen oder ein reduzierter Zugang zu Psychoonkologie, Reha oder Physiotherapie hatte negative Folgen. "Durch eine Kraftanstrengung der ÄrztInnen sowie BetreuerInnen und eine große Disziplin der betroffenen PatientInnen konnte während des ersten Lockdowns das Schlimmste verhindert werden. Die PatientInnen sind aber teils merkbar verunsichert und werden zudem durch doppelte Ängste nahezu zerrissen", erläutert Schauer die Wahrnehmungen. "Die Betroffenen haben gleichermaßen Angst sich im Krankenhaus anzustecken wie durch die Verzögerung eine Verschlechterung der Krebserkrankung zu erleiden. Das ist fatal."
Rund 70 % der befragten Krebsspezialisten haben im Übrigen bereits Erfahrungen mit COVID-19-positiven Krebspatienten gesammelt. Sie sehen - im Gleichklang mit internationalen Analysen - als größtes Risiko für ihre PatientInnen Begleiterkrankungen wie Hypertonie oder kardiovaskuläre Erkrankungen, gefolgt vom Alter und dem Allgemeinzustand. Behandlungen wie Chemotherapie innerhalb der letzten vier Wochen, Immuntherapie, Hormontherapie, gezielte Tumortherapie und Strahlentherapie scheinen weniger relevant.
Weniger dramatisch nehmen österreichische Brustkrebs-Patientinnen die Lage wahr. In einer Blitzumfrage der Österreichischen Krebshilfe innerhalb von drei geschlossenen Facebook-Patientengruppen zeigten sich die betroffenen Frauen mit dem Zugang zu medizinischen Leistungen im niedergelassenen Bereich wie auch in den Krankenhäusern weitgehend zufrieden. 87 % konnten ihre Chemotherapie unverändert fortsetzen und 93 % hatten weiterhin Strahlentherapie-Behandlungen. Bei 60 % fand die angestrebte Operation zum geplanten Termin statt, ca. ein Drittel war mit einer Verschiebung der Operation konfrontiert.
"Es ist wichtig zu erwähnen, dass es Unterschiede vom ersten zum jetzigen Lockdown gibt. Vieles ist jetzt möglich (z.B. die onkologische Reha), einiges hat sich gut eingependelt und viele Betroffene haben auch Verständnis für die Maßnahmen. Vor allem vertrauen sie darauf, dass alle notwendigen Behandlungen zeitgerecht durchgeführt werden", meint Sevelda. Als einschneidend empfinden die Brustkrebs-PatientInnen aber z.B. das Besuchsverbot im Krankenhaus. ""Obwohl die meisten dafür Verständnis haben, leiden viele Patientinnen unter dem Besuchsverbot von Angehörigen im Krankenhaus bzw. fehlt die Vertrauensperson an ihrer Seite bei Terminen im Krankenhaus", ergänzt Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Österreichischen Krebshilfe. "Die Ambivalenz lässt sich so beschreiben: Die Patienten sehnen sich nach Nähe und haben gleichzeitig Angst vor körperlicher Nähe."
Diese Daten veranlassten die Krebsfachleute zu dem nun gestarteten Weckruf. "Krebspatienten haben zwar ein erhöhtes Risiko, einen schwereren Verlauf der Erkrankung zu erleiden. Aber das noch weitaus größere Risiko wäre, die Krebsbehandlung nicht vorzunehmen", betont Krebshilfe-Präsident Sevelda. In der Behandlung der PatientInnen sei freilich immer eine Abwägung zwischen notwendiger Therapie und Gefahr einer COVID-19-Infektion zu treffen. Ebenso wichtig wäre es, die psychologischen Aspekte nicht aus den Augen zu verlieren, meint OeGHO-Präsident Hilbe.
Zusammengefasst appellieren die Krebsspezialisten aber dringend an die österreichische Bevölkerung, Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen unbedingt weiter wahrzunehmen und Symptome sofort abklären zu lassen. Große Hoffnung wird in die Impfung der Risikopatienten gegen COVID-19 gesetzt. "Die Ordinationen und Krankenhäuser haben umfassende Sicherheitsvorkehrungen entwickelt, um ein Ansteckungsrisiko so minimal wie möglich zu halten", erklären Hilbe und Sevelda. "Sie können sich also sicher fühlen. Deshalb lassen Sie sich von COVID-19 nicht abhalten. Wir KrebsspezialistIe sind für Sie da."