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Nach wie vor ist die Wirksamkeit der COVID-Impfung in impfkritischen Kreisen das dominierende Thema. Auf Facebook [1] heißt es etwa, dass die Zahl der Impfdurchbrüche in Österreich massiv steige. Dieselbe Entwicklung habe sich in Israel gezeigt. Dass die "Pandemie der Ungeimpften" nichts als ein Werbeslogan sei, sehe man auch an der Zahl der Geimpften in Tiroler Spitälern. Es wird suggeriert, dass diese Daten Belege für eine unzureichende Wirksamkeit der Impfung sind.
Die Daten zeigen nicht, dass die Corona-Impfung unzureichend wirkt. Rein statistisch steigt mit dem Anteil der geimpften Bevölkerung auch die Anzahl der Impfdurchbrüche. Laut den Tiroler Kliniken hilft die Impfung gut und verhindert schwere Verläufe. Fast alle Patienten mit Impfdurchbrüchen seien immunsupprimiert, sehr alt, hätten Krebs oder eine Autoimmunerkrankung. In Israel zeigt sich unterdessen die gute Wirksamkeit der Impf-Auffrischungen. Ungeimpfte sind am wenigsten geschützt. Was stimmt ist, dass der Impfschutz Studien zufolge vor allem bei Älteren nach einigen Monaten etwas nachlässt.
Tatsächlich steigt in Österreich der Anteil der Impfdurchbrüche. Das lässt sich anhand der regelmäßig erscheinenden Berichte der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) zu Impfdurchbrüchen erkennen. Im Bericht von 31. August 2021 [2] steht etwa, dass seit Februar 3,15% der symptomatischen Corona-Fälle vollständig geimpft waren. Eine Woche später [3] lag der Wert bei 4,05% und die Woche drauf [4] bei 5,03%.
Dem AGES-Bericht [5] von 22. September 2021 zufolge, auf den sich ein oft geteiltes Facebook-Posting bezieht, lag der Anteil der Fälle von Impfdurchbrüchen seit Februar bei 6,19 Prozent. Eine Woche später [6] bei 6,87% und aktuell [7] bei 7,82%. Betrachtet man nur die letzten vier Kalenderwochen (KW 35-38) waren unter den symptomatischen Corona-Fällen 28,70% vollständig geimpft.
Das ist allerdings kein Hinweis darauf, dass die Corona-Impfung unzureichend wirkt. Rein statistisch ist zu erwarten, dass wenn der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung steigt, auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass unter den Covid-19-Fällen Geimpfte sind. Das erklärt sich daraus, dass obwohl die Impfung sehr gut wirkt, nicht alle Infektionen vermieden werden können.
"Wenn alle Personen einer Population geimpft sind, sind alle Infektionen, die auftreten, bei Personen, die vollständig geimpft sind; sprich es beträgt der Anteil der Fälle von Impfdurchbrüchen an den Fällen von COVID-19 100 %", wird in den AGES-Berichten beschrieben. Einige Grafiken auf der AGES-Homepage [8] veranschaulichen dieses statistische Phänomen zusätzlich:
"Der prozentuale Anteil an Impfdurchbrüchen steigt, die Anzahl an Erkrankungen in der Bevölkerung insgesamt sinkt aber durch die Schutzwirkung der Impfung."
Die Anzahl der Impfdurchbrüche ist demnach auch vom Infektionsgeschehen abhängig.
Als weiteren Beleg für die vermeintlich unzureichende Impfwirksamkeit nennen Kritiker zuletzt oft die vom FPÖ-Politiker Peter Wurm [9] genannten Zahlen zu Geimpften in Tiroler Krankenhäusern. "Kritischen Medizinern" zufolge seien mit Stand 22. September 67% der Corona-Patienten in Innsbruck doppelt geimpft gewesen, auf der Intensivstation 30%. In Tirol habe der Anteil der doppelt Geimpften auf Normalstationen 46% betragen, auf Intensivstationen 34%.
Die Tiroler Landesregierung erhebt keine offiziellen Zahlen zu Impfdurchbrüchen und auch die AGES hat keine genauen Daten zu Tirol, da Krankenhäuser gesetzlich nicht verpflichtet seien, diese Fälle zu melden. Aussagen einzelner Ärzte sind daher mit Vorsicht zu genießen.
Einzelne Krankenhäuser nennen allerdings Zahlen. Nach Angaben der Tiroler Kliniken etwa seien an der Uniklinik Innsbruck mit Stand 6. Oktober fünf der acht Corona-Patientinnen und Patienten auf der Normalstation geimpft gewesen (62,5%). Drei der zehn Corona-Patienten auf der Intensivstation waren demnach geimpft (30%). Mit Stand 22.9. seien sogar acht der zehn Corona-Patienten auf der Normalstation geimpft gewesen (80%). Bei den Intensivpatienten ist das Verhältnis gleich geblieben.
Die scheinbar hohen Zahlen bedeuten nicht, dass die Corona-Impfung unzureichend wirkt, betonen sowohl die Tiroler Landesregierung, die AGES als auch die Tiroler Kliniken gegenüber der APA. Zum einen gilt hierbei nämlich zu beachten, dass es sich bei geimpften Patienten in Krankenhäusern, die positiv getestet werden, nicht automatisch um Impfdurchbrüche handelt. In Tirol können etwa laut dem Kliniksprecher auch Patienten wegen beispielsweise Nierenversagen auf der Intensivstation liegen, die zufällig positiv auf Corona getestet werden. Diese zählen dann zwar als Coronafälle, aber nicht als Impfdurchbrüche.
Dem AGES-Bericht [6] vom 28. September zufolge lag der Anteil der Fälle von Impfdurchbrüchen mit Krankenhausaufnahme unter den symptomatischen Corona-Fällen kumuliert seit Kalenderwoche fünf bei 0,13%, in den letzten Kalenderwochen sogar nur bei 0,09%. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass die Daten aufgrund verzögerter Übermittlung der Informationen zur Krankenhausaufnahme unzuverlässig niedrig seien. Einem AGES-Sprecher zufolge ist der Anteil der Impfdurchbrüche in Bezug auf die Krankenhausaufenthalte aber verschwindend gering.
Beim Anführen reiner Prozentzahlen Geimpfter auf Intensivstationen wird häufig außer Acht gelassen, wie groß bzw. klein die Gruppe der Corona-Intensivpatienten insgesamt ist [10].
Viele Menschen, die früher wegen Corona auf Intensivstationen gelandet wären, müssen jetzt aufgrund ihres Impfschutzes nicht mehr dorthin. Gerade in Tirol bewegt sich die Zahl der Intensivpatienten auf den einzelnen Stationen [11] derzeit im einstelligen Bereich, es ist also eine relativ kleine Gesamtmenge. Dadurch können sich Prozentwerte durch einzelne Zuwächse oder Abnahmen stark ändern.
Eine unreflektierte Verwendung solcher Prozentzahlen monieren auch die Tiroler Kliniken: "Bei den geimpften PatientInnen handelt es sich größtenteils um immunsupprimierte (Transplantation, Autoimmunerkrankung), onkologische oder sehr betagte PatientInnen. Bei diesem Patientenkollektiv kann die Impfung entweder ihren vollen Schutz nicht entfalten, oder der Impfschutz lässt schneller nach und muss dementsprechend aufgefrischt werden", sagt etwa der Sprecher der Tiroler Kliniken. Ihm zufolge sind die Tiroler Zahlen ein Beleg, dass die Impfung gut helfe, weil sie schwere Verläufe verhindere.
Auch in einer gemeinsamen Information [12] der Tiroler Landesregierung, der Uniklinik Innsbruck und des Infektiologen und Universitätsprofessor Günter Weiss wird betont, dass die COVID-Impfung "in einem sehr hohen Ausmaß" wirke. Bei hospitalisierten geimpften Personen habe das "in den allermeisten Fällen" mit der "persönlichen Krankengeschichte und persönlichen Risikofaktoren (...) zu tun", so auch Weiss. Daraus dürfe man nicht den Schluss ziehen, dass die Covid-Impfung nicht wirke. "Die bloße Angabe von Impfquoten bei hospitalisierten PatientInnen ohne die damit in Verbindung stehenden individuellen Krankenanamnesen ergibt ein völlig verzerrtes Bild".
Zutreffend ist, dass es Hinweise gibt, dass die Schutzwirkung der Corona-Impfung bei bestimmten Gruppen mit der Zeit nachlässt, wie u.a. aus einem internen Dokument der Ampel-Kommission hervorgeht, das der APA vorliegt. Demzufolge sei die Zahl der voll immunisierten Patienten auf Intensivstationen leicht im Steigen.
Darauf deuten auch mehrere Studien hin. Einer Untersuchung der US-Gesundheitsbehörde CDC (September 2021) (13) zufolge sank die Wirksamkeit des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs innerhalb von ein paar Monaten auf 77%. Moderna blieb demnach mit seiner Wirksamkeit bei 92%. Auch eine britische Preprint-Studie (August 2021) (14, 15) ergab, dass die Wirksamkeit der Corona-Impfung bei der zuletzt stark aufgetretenen Delta-Variante mit der Zeit nachlässt. Zwei Studien (16, 17) des renommierten "New England Journal of Medicine" (Oktober 2021) zufolge war die Immunantwort sechs Monate nach Erhalt der zweiten Dosis "deutlich verringert". In der zweiten Studie wird allerdings beschrieben, dass der Schutz vor Hospitalisierung und Tod auf einem stabilen Niveau geblieben war.
In Bezug auf Israel gilt miteinzubeziehen, dass die Bevölkerung und vor allem die Älteren schon viel früher vollständig geimpft waren als es in Österreich der Fall war. Es ist daher zu erwarten, dass der Impfschutz vor allem bei den Älteren mittlerweile etwas nachlässt, wie auch in mehreren Artikeln [18, 19] beschrieben wird.
Trotzdem zeigen aktuelle Daten [20], dass über die gesamte israelische Bevölkerung hinweg Ungeimpfte mit Abstand am häufigsten schwer an Covid-19 erkranken. Dahinter folgen die doppelt Geimpften und am seltensten sind jene betroffen, die bereits eine dritte Impfdosis erhalten haben. Die über 60-Jährigen sind konstant mit dem sogenannten Booster vor einem schweren Verlauf geschützt. Das beschreibt auch eine weitere Studie im "New England Journal of Medicine" (Oktober 2021) [21], der zufolge unter den über 60-jährigen Israelis die Rate von Corona-Erkrankungen und schweren Verläufen, die eine dritte BioNTech/Pfizer-Impfung erhielten, erheblich geringer war. Zu den Impfdaten aus Israel gibt es bereits einen APA-Faktencheck [22].
Ein Argument gegen die Corona-Impfung ist der offenbar nachlassende Impfschutz nicht, denn einer anderen Studie im angesehenen Journal "The Lancet" (September 2021) [23] zufolge konnte die israelische Impfkampagne schätzungsweise 158.665 Corona-Infektionen, 24.597 Hospitalisierungen, 17.432 kritische Krankenhausverläufe und 5.532 Todesfälle verhindern. Zahlreiche weitere Fälle hätten aufgrund der vollständig geimpften Bevölkerung abgewehrt werden können.
Auch für Österreich gibt es solche Zahlen: Eine Modellrechnung des Gesundheitsministerium geht Berichten (24) zufolge davon aus, dass durch die COVID-Impfung bis Ende Juli fast 2.200 Todesfälle verhindert werden konnten. Bei fast 5.800 Personen habe durch die Impfung ein Krankenhausaufenthalt verhindert werden können.