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Ange­hörige von Inten­siv­patien­ten leiden psy­chisch schwer

22. Februar 2022 | APAMED (APA-OTS)
Nahaufnahme einer COVID-19-Patientin im Krankenhausbett.
Nahaufnahme einer COVID-19-Patientin im Krankenhausbett.

Die Leiden der schwerstkranken COVID-19-Patienten sind in den vergangenen zwei Jahren im Blickpunkt der Öffentlichkeit gestanden. Jetzt zeigt eine französische Studie auch die extremen psychischen Langzeitbelastungen der Angehörigen von COVID-Erkrankten nach deren Aufenthalt auf Intensivstationen. 35% entwickeln eine Posttraumatische Belastungsstörung, rund zweimal häufiger als Familienangehöriger anderer Intensivpatienten.

Elle Azoulay vom Hopital Saint-Louis der Pariser Universität und ihre Co-Autorinnen schrieben jetzt in ihrer Studie in der Zeitschrift der amerikanischen Ärztegesellschaft (JAMA): "Von den hospitalisierten Covid-19-Patienten benötigt einer von fünf schließlich Intensivpflege. Das führt oft zu physischen, kognitiven und psychiatrischen Symptomen bei den Überlebenden. Familienangehörige von Patienten mit akutem Atemversagen (ARDS) stehen aber genauso unter verstärkter psychischer Belastung inklusive Posttraumatischer Belastungsstörung, Angstzuständen und Depressionen. Trotzdem ist über die spezifischen Auswirkungen von COVID-19 auf deren psychische Gesundheit wenig bekannt."

Die Wissenschaftler nahmen 602 Familienangehörige von 307 Patienten mit Behandlung auf einer Intensivstation in ihre Studie auf. Die Angehörigen waren im Mittel 51 Jahre alt, 72% waren Frauen, 48% Ehepartner, 26% trauerten nach dem Tod des Patienten bzw. der Patientin. 273 der Patienten kamen auf die Intensivstation wegen eines schweren COVID-Verlaufs, 303 Familienangehörige bangten um sie. Die psychische Situation von 517 Familienangehörigen (von Patienten mit oder ohne COVID) konnte 90 Tage nach dem Ende der Betreuung der Kranken auf einer Intensivstation untersucht werden.

Die Ergebnisse sprechen für eine extreme psychische Belastung der Angehörigen von COVID-Patienten, bei denen die Aufnahme in eine Intensivstation notwendig wird: 

  • 35% berichteten von Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Unter den Angehörigen von Patienten auf Intensivstationen aus anderer Ursache war das bei 19% der Fall.
  • 41% der untersuchten Angehörigen von schwerstkranken COVID-Patienten litten an Angstzuständen (Nicht-COVID: 34%).
  • 31% der Angehörigen von COVID-Patienten nach Intensivpflege wiesen depressive Symptome auf (Nicht-COVID: 18%). Die Unterschiede waren jeweils statistisch signifikant.

Ganz besonders schwer trifft es Personen, deren COVID-kranke Angehörige trotz Intensivpflege gestorben sind: 62% zeigten eine Posttraumatische Belastungsstörung, hingegen 35% der Angehörigen von Überlebenden. Entscheidend für die psychische Konsequenzen ist offenbar der Grad an sozialer Unterstützung während des Aufenthalts des Betroffenen auf der Intensivstation. 

Als extrem belastend wirkt sich der Umstand aus, wenn sich Angehörige von Sterbenden nicht von ihren Lieben verabschieden können, so die französischen Wissenschaftler.

Der Begriff "Posttraumatische Belastungsstörung" wurde erstmals 1980 in den internationalen Diagnoseschlüssel der Psychiatrie aufgenommen. Es handelt sich um ein Syndrom, das nach "emotional schrecklichen", sogenannten psychotraumatischen Situationen auftritt. Unbehandelt bzw. unbetreut können Menschen nach Gewalterlebnissen in eine solche chronische Störung hinein rutschen. Zu den Symptomen gehören unter anderem plötzliche massive Angst-Attacken mit Erregungszuständen, undefinierbare Schuldgefühle, Depressionen, sozialer Rückzug, Ermüdbarkeit, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie psychosomatische Beschwerden wie Herzklopfen, Kopfschmerz, Schlafstörungen etc.

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