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Der gebürtige Schwede Fredrik Debong ist Experte im Bereich Digital Health. Im ÖKZ-Interview erklärt er die Gründe, warum Innovationen im österreichischen Gesundheitssystem nur zögerlich akzeptiert werden und wie man das ändern könnte.
Der Bedarf ist hoch. Und die Technologie ist ebenfalls leistungsfähig genug. Auch der Patientenbedarf ist gegeben. Wo es noch Schwächen gibt, ist in der Vorstellungskraft und den Prioritäten der Entscheidungsträger. Ein staatlich finanziertes Gesundheitssystem folgt anderen Regeln als der freie Markt.
"Es kommt darauf an. Im Bereich vorhandene Infrastruktur: 4/5. Im Bereich Einsatz von der Infrastruktur: 2/5. Im Bereich Gesundheitsapps: 1-2/5. Gesamt: Genügend."
"Aus mehreren Gründen. Ich rede jetzt einmal von dem Geschäftsfeld der medizinischen Gesundheitsapps: In vielen europäischen Ländern ist das Thema Rückerstattung bereits etabliert. In Deutschland wurden dank Jens Spahn die DIGA-Anwendungen auf Krankenschein innerhalb von drei Jahren zur Realität: Es wird ein Rezept ausgestellt und der Patient erhält eine Digital Health-App für Rückenschmerzen oder Diabetes-Management. Mittlerweile sind es 60 digitale Anwendungen, die auf Krankenkasse ausgegeben werden. Viele Gesundheitssysteme haben auf diese Entwicklung bereits reagiert und setzen ähnliche Strukturen und Möglichkeiten auf. Aus dem Gesundheitssystem in Österreich kommt zu diesem Thema gar nichts."
"Sie gelten als administrativ nicht passend. Das empfinde ich als noch schlimmer. mySugr hat in Österreich keine Chance, auf Krankenschein verschrieben zu werden, weil es nach den Richtlinien der Kassen nicht systemkompatibel ist. Andere Länder kommen zu anderen Schlüssen. mySugr ist in Deutschland rückerstattungsfähig, in vielen anderen Ländern auch. Nur in Österreich passt es nicht ins System? Mit mySugr kommt das Vorzeigebeispiel für Digital Health aus Österreich. Und ausgerechnet hier wird es nicht ernst genommen."
"Das österreichische System zählte bis vor sechs, sieben Jahren zu den Best Practice-Beispielen unter den digitalen Gesundheitssystemen. Und dann hat Österreich aufgehört, nach vorn zu gehen. Innovationen werden im österreichischen Gesundheitsbereich nur zögerlich akzeptiert. Ich komme aus dem Fach, in dem es um Services für Patienten geht. Digitale Techniken können Patienten viel Arbeit abnehmen und die Therapie stark verbessern. Aber es wird lokal nicht angepackt. Österreich hat da viel an Boden verloren."
"Es gibt viele Persönlichkeiten in Österreich, die hervorragende Ideen auf den Tisch legen und dies auch professionell umsetzen. Aber es fehlt an der Durchschlagskraft in den Institutionen. Wenn eine Einrichtung etwas machen will, ist die andere dagegen. Darum gibt es im Bereich des Digital Health viel zu wenig Output in den Institutionen."
"Ich bin erst seit 18 Jahren in diesem Land und will nicht kritisieren. Ich beobachte nur. Der Stillstand kommt nicht daher, weil Österreicher keine Fantasie haben oder die Ärzte keinen Bedarf sehen. Wenn du über Kassenleistungen für Gesundheitsapps reden willst, findest du überall Ja-Sager, aber bisher keine Umsetzung. Niemand ist bereit, sich dafür einzusetzen, damit die Dinge auch Wirklichkeit werden. Ich habe viele Freunde, die geniale Gesundheitsapps entwickeln. Die gehen alle ins Ausland. "
Quelle: ÖKZ 10/2022, 63. Jahrgang, Springer-Verlag.