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Allgemein­mediziner als Impf­leugner ver­stößt gegen die Standes­pflichten

2. Oktober 2022 | Monika Ploier
Junge Frau mit Gesichtsmaske bekommt Coronavirus oder Grippeimpfung im Krankenhaus.
Junge Frau mit Gesichtsmaske bekommt Coronavirus oder Grippeimpfung im Krankenhaus.

Ärztinnen und Ärzte, die auf der Praxis-Webseite die Wirksamkeit von Impfungen leugnen und die Existenz krankmachender Viren negieren, verstoßen gegen die Berufs- und Standespflichten.

Der gegen ein Disziplinarerkenntnis der ÖÄK Revision an den VwGH erhebende Mediziner ist Arzt für Allgemeinmedizin, Lehrer für Selbstheilkunde, homöopathischer Supervisor und Autor. Aufgrund eines von ihm verfassten Artikels auf seiner Homepage hat die ÖÄK ein Disziplinarerkenntnis erlassen, mit dem eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.000,– verhängt wurde. Dazu kam eine befristete Untersagung der Berufsausübung für zwei Monate.

Der Arzt behauptete in seinem Artikel, dass krankmachende Viren nicht existieren. Und er betonte, dass Impfen nie vor Krankheiten schütze, die Natur keine Krankheiten kenne und zudem keine einzige Krankheit durch Impfungen verschwunden sei.

Der VwGH hat in seinem Entscheid Ra 2019/09/0140 bestätigt, dass ein Arzt, der eine Homepage zur Bewerbung seiner Ordination betreibt, als Medieninhaber gilt und demnach für den Inhalt verantwortlich ist. Dementsprechend unterliegt der Inhalt auch den Beschränkungen des ärztlichen Standesansehens, insbesondere denjenigen der Verordnung „Arzt und Öffentlichkeit“. 

Demnach ist jedem Arzt jede unsachliche, unwahre oder das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information untersagt. Als unsachlich ist eine medizinische Information anzusehen, wenn sie wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widerspricht. Unwahr ist eine Information, wenn sie den Tatsachen nicht entspricht.

Dr. Monika Ploier
Dr. Monika Ploier

Das Verbot der Weiter­gabe von Aus­sagen, die nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissen­schaft ent­sprechen, stellt keine Ein­schränkung der ärztlichen Meinungs­frei­heit dar. Vielmehr dient das Verbot dem Schutz der Gesund­heit.

Der vom Gericht hinzugezogene Sachverständige bestätigte, dass die vom Arzt getätigten Aussagen nicht dem aktuellen Wissensstand der Medizin entsprechen bzw. einzelne Äußerungen „gar der Vernunft“ widersprechen.

Vor diesem Hintergrund sprach der VwGH aus, dass die auf der Homepage des Arztes zum Thema „Impfen“ weitergegebenen Informationen seiner Verpflichtung zuwiderlaufen, keine unwissenschaftliche oder der medizinischen Erfahrung entgegenstehende Information weiterzugeben. Das Verbot der Weitergabe von Aussagen, die nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen, stellt dabei keine Einschränkung der ärztlichen Meinungsfreiheit dar. Vielmehr handelt es sich bei den einschlägigen Rechtsvorschriften um solche, die dem Schutz der Gesundheit dienen.

Darüber hinaus stellte der VwGH fest, dass ein Internetauftritt („Homepage“) eines praktizierenden Arztes „im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes“ steht, da dieser Auftritt genau dazu dient, die Aufmerksamkeit auf seine Ordination zu lenken und somit Werbezwecken, was sich schon durch die Bezugnahme auf dessen Praxis (beispielsweise durch die Anführung der „Öffnungszeiten“) und die von ihm angebotenen Behandlungsmethoden ergibt.

Der VwGH hat auch die Feststellung des Erlöschens der ärztlichen Berufsberechtigung aufgrund des Wegfalls der zur Erfüllung der Berufspflichten erforderlichen Vertrauenswürdigkeit für rechtskonform erachtet. Die Feststellung des Vorliegens einer Vertrauensunwürdigkeit führt ex lege zur Streichung aus der Ärzteliste mit der Konsequenz, dass keine weitere Berechtigung für die Ausübung des ärztlichen Berufs mehr besteht. Dabei handelt es sich um keine Disziplinarstrafe, sondern vielmehr um eine Maßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor nicht vertrauenswürdigen Ärzten.

Die Entscheidung des VwGH schützt Patienten. Sie müssen vertrauen dürfen, dass Informationen von Ärzten wahr und seriös sind und nicht der medizinischen Wissenschaft widersprechen. Keinesfalls darf diese Entscheidung jedoch dazu führen, dass unterschiedliche – wissenschaftlich begründbare – Ansichten und Diskussionen unterbunden werden und so das Selbstbestimmungsrecht der Patienten eingeschränkt wird. 

Quelle: ÖKZ 8-9/2022, 63. Jahrgang, Springer-Verlag.

Über die Autorin
Dr. Monika Ploier ist Anwältin bei HLMK Rechtsanwälte und auf Medizin- und Arbeitsrecht spezialisiert. Sie ist Verfasserin zahlreicher Publika­tionen und Lektorin für Medizin & Recht an mehreren akademischen Bildungseinrichtungen. Monika Ploier ist Obfrau des Forschungsinstituts für Recht in der Medizin FIRM.