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Transportroboter: Konkurrenz für R2-D2

1. Juni 2023 | Martin Hehemann
UV-Desinfektionsroboter, 3D-Rendering isoliert auf weißem Hintergrund.
UV-Desinfektionsroboter, 3D-Rendering isoliert auf weißem Hintergrund.

Das Dortmunder Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) entwickelt ein System für autonome Transportroboter. Die Automaten nutzen 5G-Technologie, Sensoren und Künstliche Intelligenz. 5G ist leistungsfähiger und sicherer als Wlan.

Werner kommt nicht weiter. Er bremst vor einem Hindernis. Bei ganz genauem Hinsehen entpuppt sich dieses als ein zwar gebrauchtes, aber ansonsten harmloses Papiertaschentuch. Sollte also kein wirkliches Problem für einen Burschen wie Werner sein. Da seine Intelligenz nur ein Stück weit künstlich ist, bleibt er sicherheitshalber stehen und versucht, mit dem Taschentuch in Kommunikation zu treten: „Bitte gehen Sie zur Seite“, sagt er höflich. Dass das nicht viel bringt, dürfte naheliegend sein.

Der Name „Werner“ ist erfunden, die Geschichte nicht. Sie spielt sich so oder so ähnlich immer wieder mal in modernen Krankenhäusern ab. Bei Werner handelt es sich um einen Transportroboter. Logistikexperten sprechen auch von einem Fahrerlosen Transport System, kurz FTS. Diese FTS verrichten immer häufiger in Spitälern ihren Dienst. So setzt zum Beispiel das 2019 eröffnete Krankenhaus Nord in Wien Floridsdorf rund 40 Kolleginnen und Kollegen des erfundenen Werners ein. Sie versorgen die Pflegestationen mit Speisen, Medikamenten oder Wäsche. Ihre Schwäche: Diese Transportroboter sind zwar mit WLAN und Sensoren ausgestattet – sie sind dennoch nicht die hellsten. Daher drehen sie ihre Runden nur im Keller und auf Korridoren, die nur ihnen vorbehalten sind. Menschen sollten ihnen besser nicht in die Quere kommen.

 

Klug wie R2-D2?

Wenn es nach dem Dortmunder Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) geht, soll sich das bald ändern. Das IML arbeitet als Konsortialführer gemeinsam mit dem St. Franziskus Hospital in Münster und dem Unternehmen SICK, das Sensoren für Logistik und Automatisierung entwickelt, an einem Technikpaket für Transportroboter. Diese sollen in die Lage versetzt werden, selbstständig in Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen durch die Gänge zu zuckeln und damit ihren Vorbildern aus dem Kino wie dem putzigen Star Wars-Droiden R2-D2 oder der lebenden Nummer 5 ein gutes Stück näherzukommen. Das Projekt trägt den Namen 5G-RemRob. RemRob steht dabei für Remote Assistance for Robotics.

Wie alle wunderbaren Systeme basiert 5G-RemRob auf einfachen Konzepten: Der Transportroboter wird mit einer Sensorbox namens RemCeptionBox ausgestattet, die über Lasersensoren und Kameras verfügt. Sie ist über 5G-Technologie mit einem Techniker verbunden, dem Operator. Dieser sitzt mit einer XR-Brille ausgerüstet an einem Leitstand und überwacht die Fahrt des Roboters. Er kann bei Bedarf jederzeit eingreifen und den FTS per Joystick steuern. Steht dieser zum Beispiel vor einem Hindernis und bleibt stehen, übernimmt der Operator: „Wenn es nur ein Taschentuch ist, das am Boden liegt, fährt er einfach weiter. Steht aber ein schwerer Gegenstand im Weg, wie zum Beispiel ein Krankenbett, dann muss der Operator diesen Gegenstand vor Ort aus dem Weg räumen“, erläutert IML-Mitarbeiter Marcus Hintze, der das Projekt leitet.

 

Realtime dank 5G

Hintze erklärt auch, warum man sich bei der Datenverbindung für 5G statt für WLAN entschieden hat. „Der Operator muss in Realtime die Situationen erkennen und eingreifen können. 5G ist leistungsfähiger und sicherer“, so der IML-Mann. „Die Informationen müssen auf die Millisekunde genau eintreffen. Es darf keine Verzögerung bei der Übertragung der Videobilder geben.“

Aber diese Lösung – die Steuerung des Transportroboters durch den Operator in Realtime – ist nur der erste Schritt. Das Projektteam entwickelt eine Künstliche Intelligenz (KI) die laufend aus Simulationsfahrten und den Erfahrungen des Operators lernt. So soll das System immer besser in die Lage versetzt werden, selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen und autonom zu fahren. Hintze: „Unser Ziel ist, dass die Eingriffe des Operators immer seltener notwendig werden.“

Mythisch. Ein weiteres Logistikprojekt von Fraunhofer IML: Transportroboter „O3dyn“ (gesprochen Odyn) kann große Lasten im Format einer Europalette mit einer Fahrgeschwindigkeit von bis zu 36 km/h transportieren – und zwar im Innen- wie Außenbereich.

Mythisch. Ein weiteres Logistikprojekt von Fraunhofer IML: Transportroboter „O3dyn“ (gesprochen Odyn) kann große Lasten im Format einer Europalette mit einer Fahrgeschwindigkeit von bis zu 36 km/h transportieren – und zwar im Innen- wie Außenbereich.

Freie Fahrt für Roboter

Welchen Nutzen bringt diese Entwicklung? Derart intelligente Transportroboter, die sich weitgehend selbstständig fortbewegen können, müsste man dann nicht mehr auf Korridore verbannen, die von Menschen nicht frequentiert werden. Die Technologie soll vor allem für kleinere Transportroboter genutzt werden, die in die Stationen eines Krankenhauses oder Pflegeheimes hineinfahren können – durchaus auch bis in die Patientenzimmer. „Es wird damit möglich, auch den Transport von kleineren Frachten zu automatisieren“, so Hintze. Er denkt dabei an Blutkonserven, Laborproben, Medikamente oder kleinere Geräte, die zur Reparatur geschickt werden.

Das 5G-RemRob-Team wird sein System in den nächsten Monaten in den Versuchshallen des IML in Dortmund weiterentwickeln und testen. Gegen Ende des Jahres soll dann ein Praxistest von ein bis zwei Wochen im St. Franziskus-Hospital in Münster durchgeführt werden, um die letzten „Kinderkrankheiten zu finden und auszubessern“, so Hintze. „Wir entwickeln das System bis zur Pilotphase. Die Weiterentwicklung zur Marktreife und Vermarktung können dann Wirtschaftsunternehmen mit unserer Unterstützung übernehmen.“

Hintze und seinen Kollegen ist bewusst, „dass sich die Investition in das System für die Krankenhäuser rechnen muss“. Bei der Entwicklung habe das Konsortium daher großen Wert darauf gelegt, „eine kostenmäßig attraktive Lösung“ zu entwickeln. Zudem sei das System leicht zu handhaben und mit allen am Markt verfügbaren Transportrobotern kompatibel. Hintze: „Unsere RemCeptionBox kann leicht auf jedem FTS montiert werden.“

 

Willkommene Hilfe für das Personal

Die lastenschleppenden Artverwandten von R2-D2 wären eine willkommene Unterstützung für das Personal in den Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die Pflegerinnen und Pfleger leiden bereits jetzt unter der Dauerbelastung. Und die Situation wird sich in Zukunft nicht verbessern – im Gegenteil. Eine Studie, die im Auftrag des Gesundheitsministeriums erstellt wurde, kommt zu folgendem Ergebnis: Bis zum Jahr 2030 werden in Österreich zusätzlich 76.000 Pflegerinnen und Pfleger benötigt. Zur Einordung: Im Jahr 2019 waren rund 127.000 Personen im Pflegesektor beschäftigt.

Die Roboter können das Personal vor allem bei Routineaufgaben unterstützen. Und das geht über den Transport hinaus. Es gibt bereits die ersten maschinellen Helfer, die in der Lage sind, Patienten von einem Bett in das andere zu heben, was für eine Pflegerin oder einen Pfleger im Alltag eine enorme körperliche Anstrengung bedeutet. Gearbeitet wird auch an Assistenzrobotern, die den Arzt bei der Visite begleiten und ihn unterstützen, indem sie Daten zur Verfügung stellen oder Ergebnisse dokumentieren. Ein echter Medienstar ist der Androide Pepper, der bereits in zahlreichen Pflegeheimen eingesetzt wird. Der 1,20 Meter große Roboter ist ein echter Entertainer. Er ist mit Mikrofonen, 3D-Kamera und Sensoren ausgestattet und kann Witze erzählen oder Märchen vorlesen.

 

Kein Ersatz für menschliche Nähe

Es gibt zwar durchaus ethische Bedenken und die Sorge, dass in der Krankenpflege die Maschinen die Menschen ersetzen. Befürworter der Roboter halten dem aber entgegen, dass die Gesundheitsbranche aufgrund des Personalmangels ohne die maschinellen Hilfsarbeiter einfach nicht mehr auskommen wird. Dazu Fraunhofer-Mann Hintze: „Der Roboter ist natürlich kein Ersatz für menschliche Nähe und Fürsorge. Es geht einfach darum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so weit wie möglich zu entlasten, damit sie mehr Zeit für die Patienten haben.“

 

Links

Quelle: ÖKZ, 64. JG, 5/2023, Springer-Verlag.

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