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Eine fehlende Dokumentation begründet die Vermutung, dass die Maßnahme nicht vom Arzt getroffen worden sei. Sie bedeutet aber nicht automatisch einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht.
Nach einer Implantatentfernung aufgrund einer Periimplantitis wurden dem Patienten vom beklagten Arzt zwei neue Implantate im linken Unterkiefer eingesetzt. Vor dieser Operation fertigte der Arzt ein Panoramaröntgen an. Postoperativ verzichtete er aber auf Bilddokumentation ebenso wie bei der Nahtentfernung. Einen Monat später zeigte sich, dass die beiden Implantate nicht mehr fest im Knochen verankert waren und zu nahe aneinander lagen. Einen weiteren Monat später löste sich der Knochen rund um die Implantate fast völlig auf. Die Implantate waren verloren.
Der Kläger begehrte Schmerzengeld sowie den Ersatz der Herstellungskosten für neue Implantate. Außerdem stellte er ein Feststellungsbegehren im Hinblick auf mögliche zukünftige Schäden. Der Beklagte entgegnete, dass die Implantierungen lege artis erfolgt seien. Er habe den Kläger auch ausreichend aufgeklärt und bei rund drei Prozent aller Implantate sei ein Geschehen wie beim Kläger schicksalhaft.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt und begründete dies damit, dass der beklagte Arzt anlässlich der Setzung der beiden Implantate die Sorgfaltspflicht der ärztlichen Dokumentation verletzt hätte. Lege artis wäre es erforderlich gewesen, die Position der Implantate im Unterkiefer durch ein postoperatives Röntgen zu dokumentieren. Aufgrund der sich aus der fehlerhaften Dokumentationspflicht ergebenden Beweislastumkehr hätte der beklagte Arzt beweisen müssen, dass er den Schaden nicht verursacht habe. Dieser Beweis sei ihm nicht gelungen.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die Beweiserleichterung bei fehlender Dokumentation helfe dem Patienten lediglich insoweit, als sie die Vermutung begründe, dass eine nicht dokumentierte Maßnahme vom Arzt nicht getroffen worden sei. Sie begründe aber nicht die Vermutung objektiver Sorgfaltsverstöße. Aus dem Fehlen eines Röntgenbildes über die Stellung der Implantate folge daher noch nicht, dass diese falsch gesetzt gewesen seien.
Der OGH bestätigte, dass für den Beweis der Kausalität zwischen einem bejahten Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden der Nachweis genügt, dass die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durch den Fehler des Arztes nicht bloß unwesentlich erhöht wurde. Dem Arzt obliegt in einem solchen Fall der volle Beweis, dass im konkreten Behandlungsfall sein Fehlverhalten mit größter Wahrscheinlichkeit für den Schaden unwesentlich geblieben ist. Durch die Verletzung der Dokumentationspflicht wird kein Nachweis eines objektiven Sorgfaltsverstoßes begründet, sondern kann die Verletzung der Dokumentationspflicht immer nur die grundsätzliche Beweiserleichterung zugunsten des Patienten betreffen. Somit muss der beklagte Arzt nachweisen, dass die (nicht dokumentierte) Maßnahme nicht indiziert war, die Maßnahme ungeachtet des Dokumentationsfehlers tatsächlich gesetzt wurde oder das anzunehmende Fehlverhalten mit größter Wahrscheinlichkeit für den Schaden unwesentlich geblieben ist.
Umgelegt auf den konkreten Sachverhalt wurde daher entschieden, dass dem Beklagten zwar eine Dokumentationspflichtverletzung anzulasten ist, weil er nach Einsetzung der Implantate postoperativ keine Kontrollröntgenbilder angefertigt hat. Die somit zu berücksichtigende Beweiserleichterung begründet im Anlassfall die durch die Röntgenbilder unterstützte Vermutung, dass der Beklagte bei der Implantierung zwischen den beiden Implantaten im linken Unterkiefer keinen ausreichenden Abstand vorgesehen hat. Der Beklagte kann diese Vermutung der Sorgfaltswidrigkeit dadurch widerlegen, dass er nachweist, dass er die beiden Implantate im linken Unterkiefer mit einem ausreichenden Abstand zueinander gesetzt hat.
Quelle: ÖKZ, 64. JG, 1-2/2023, Springer-Verlag.