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HerzMobil ist ein multidisziplinäres Versorgungsprogramm für Patienten mit Herzschwäche. Mit Mitteln des Maschinellen Lernens soll der personelle Ressourceneinsatz deutlich verringert werden.
In einer Gesellschaft mit einem steigenden Anteil an chronisch kranken Menschen wird eine integrierte Versorgung zunehmend wichtiger. Neben der effizienteren Nutzung vorhandener Ressourcen, insbesondere von Health Professionals (HP), dient sie vor allem der kollaborativen Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren im Gesundheitswesen, die chronisch kranke Personen behandeln, mit dem übergeordneten Ziel, die beste Versorgung anbieten zu können.
Kodner hat die Bedeutung von integrierter Versorgung herausgearbeitet: die Umsetzung von Modellen und Methoden der Finanzierung, Administration, Organisation, Leistungserbringung und klinischer Leistungen, um sektorale Grenzen zu überschreiten, damit Kooperation, Koordination und Kommunikation in der Gesundheitsversorgung möglich wird
(Kodner 2002). Das Gesundheitswesen zählt zu den komplexesten Einrichtungen der Republik Österreich.
Der Vormarsch an chronischen Erkrankungen und der demographische Wandel („Veralterung der Gesellschaft“) mit ihren komplexen Problemlagen (Kirst 2017) stellen eine zusätzliche Notwendigkeit für integrierte Versorgung dar. Das Ziel jedes integrierten Versorgungsprozesses ist es, eine win³-Situation für alle beteiligten Akteure herzustellen.
Disease Management-Programme (DMP) beschreiben detailliert strukturierte Behandlungsabläufe für chronische Erkrankungen (= Behandlungspfade) und definieren dabei die teilhabenden Rollen und deren Kompetenzen, die Verantwortlichkeiten und Aufgaben, den zeitlichen Ablauf und die Arbeitsabläufe der zugrunde liegenden, evidenzbasierten Leitlinien.
Folgende Komponenten von DMPs sind in der Gesundheitsversorgung relevant (Wagner 1998):
ELGA bietet in Österreich die Basis einer technischen Infrastruktur zur Zusammenarbeit in der integrierten Versorgung und eine gemeinsame Datenbasis für Gesundheitsdienstleister, in der relevante Befunde zwischen klinischem, ambulantem und niedergelassenem Bereich geteilt werden können. Die für die integrierte Versorgung relevanten Dokumente wurden mit 1.2.2022 verordnet [1] und sind im HL7 Wiki [2] beschrieben wie folgt:
Diese beiden Dokumente stellen eine erste Basis des Informationsaustauschs für die im integrierten Versorgungsbereich beteiligten Akteure dar, wenngleich sie alleine nicht unmittelbar für eine Kollaboration zwischen ihnen sorgen können.
Mit maßgeschneiderten Telehealth-Lösungen kann die regelmäßige Übertragung von gesundheitsrelevanten Daten von Patienten an Health Professionals erfolgen, um eine chronische Erkrankung besser behandeln zu können, ohne sich dafür häufig räumlich treffen zu müssen. Poelzl et al. hat die Durchführbarkeit und Wirksamkeit von „HerzMobil“, eines digitalen, mithilfe einer TeleHealth-Plattform unterstützten Disease Management-Programms für Herzinsuffizienz-Patient:innen, aufgezeigt. Die Studie berichtet von einer 65,5 %igen Verringerung der Mortalität und Wiederaufnahmerate innerhalb eines Jahres nach Krankenhausentlassung (Poelzl 2021).
Telehealth wird als wesentlicher Katalysator für integrierte Versorgungsprogramme angesehen, da es Lösungen für mehrere vorherrschende Probleme liefern kann (z.B. effizientere Ressourcennutzung in Anbetracht des HP-Mangels, Transportprobleme von älteren, nicht mobilen Patienten, Verlängerung für die kostenintensive tertiäre Prävention, um nur einige zu nennen) (Stroetmann 2010).
„HerzMobil“ hat die Verbesserung des Therapieerfolgs und der Versorgungssituation bei chronischen Herzerkrankungen zum Ziel (3). Gemeinsam mit den Experten vom Landesinstitut für Integrierte Versorgung Tirol (LIV) wurde eine Lösung auf 4 Säulen gebaut:
Ähnliche Modelle werden aktuell in Österreich auch für die Anwendungsbereiche Diabetes und Hypertonie (z.B. mit AITs langjährigem Kooperationspartner, der BVAEB) und für die Versorgung von chronischen Wunden auf- und ausgebaut.
Nach erfolgreicher Implementierung und Evaluierung in Tirol läuft das DMP HerzMobil derzeit erfolgreich in drei Bundesländern. In laufenden Weiterentwicklungsprojekten geht es nun vor dem Hintergrund der angespannten Personalsituation im Gesundheitswesen darum, den Ressourceneinsatz zu minimieren und die Wirksamkeit zu maximieren.
Konkret arbeiten wir daran, Maschinelles Lernen einzusetzen, um eine automatisierte Patienten-Priorisierung zu bewerkstelligen. Dabei setzen wir Künstliche Intelligenz für die automatische Klassifikation sogenannter „Clinical Notes“ in vordefinierte Kategorien wie „Hausbesuch“ oder „Therapieänderung“ ein und experimentieren auch mit Large Language Models wie ChatGPT.
Eine weitere Maßnahme, von der wir uns sowohl eine Zeitersparnis aufseiten der HPs als auch eine Steigerung der Wirksamkeit erwarten, ist die Bereitstellung eines Moduls zur Guideline-konformen Medikamentierung.
Schließlich braucht es für Patienten mit geringerer Krankheitsschwere und für jene nach dem erfolgreichen Abschuss des DMPs ein Angebot, auf ein weniger intensives Programm ein- bzw. umzusteigen, mit geringerer Betreuungsintensität. Viele Patienten und HPs sehen hier einen dringenden Bedarf.
Basis aller zukünftiger Weiterentwicklungen und Evaluierungen ist ein umfassender und qualitätsgesicherter Datenbestand, den wir im Rahmen des d4Health Tirol Smart Heart Failure Registers bereits aufbauen. Hier wäre ein Zusammenschluss aller HerzMobil-Programme in Österreich wünschenswert.
Mit HerzMobil wurde in Österreich ein hocheffektives DMP entwickelt und in der Routine implementiert. Sind die prozess- und IT-technischen Voraussetzungen für so ein DMP einmal etabliert, ist es in weiterer Folge wesentlich einfacher und auch kostengünstiger, weitere DMPs aufzusetzen und zu optimieren, da auf bestehende Strukturen und Infrastrukturen aufgebaut werden kann.
Damit ist der Weg vorgezeigt, weitere chronische Erkrankungen zu versorgen, mit einer Verbesserung beim Outcome für die betroffenen Patienten und auch einem Beitrag zur Entlastung der zunehmend angespannten Situation bei der Verfügbarkeit von HPs.
Fußnoten
Literaturverzeichnis
Quelle: ÖKZ 08-09/2023, 64. Jahrgang, Springer-Verlag.