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Die beiden Leiter der Gewaltschutzambulanz der Innsbrucker Klinik, Klaus Kapelari und Thomas Beck, sehen im Umfeld der anhaltend hohen Zahl an Femiziden in Österreich "Rückschritte", etwa das Frauenbild männlicher Jugendlicher betreffend. Man müsse das Thema Frauenmorde "gesamtgesellschaftlich angehen" und "gezielte Gewaltpräventionsmaßnahmen" setzen, betonen der Mediziner Kapelari und der Psychologe Beck.
Der "Stellenwert der Frauen in der Gesellschaft" müsse jedenfalls, um Femizide nachhaltig zu bekämpfen, noch deutlich verbessert werden, strich Kapelari heraus. Bezüglich Jugendlicher und deren Frauenbild sei man eigentlich "bereits auf einem guten Weg gewesen", so der Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde.
"Die sozialen und schulischen Einschränkungen durch Corona-Maßnahmen haben aber dazu geführt, dass pädagogische Präventionsprogramme nicht mehr gegriffen haben und dadurch beispielsweise Bilder und fragwürdige Werte aus dem Internet und aus sozialen Netzwerken die Wahrnehmung negativ beeinflusst haben."
Auch Zuwanderung aus Ländern mit einem teils abweichenden Welt- und Frauenbild mache die Situation "zusätzlich noch komplexer", meinte Kapelari. "Wir müssen hier ganz wachsam hinschauen und auf Warnsignale rechtzeitig reagieren."
Letzten Endes seien Femizide - im Jahr 2023 gab es laut dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) 26 und im ersten Halbjahr 2024 bereits 14 - aber eine Thematik, die man sehr breit und grundlegend angehen müsse.
"Respekt gegenüber Frauen und die Selbstverständlichkeit dieser Haltung sind das Um und Auf", betonte Beck. Das alleine reiche aber nicht aus: "Es wird darüber hinaus stets niederschwellige Angebote für gewaltbetroffene Frauen brauchen." Auch über den Gewaltbegriff an sich müsse man diskutieren: "Es gibt auch psychische Gewalt, der häufig physische Gewalt folgt."
Diese "Symptome" gelte es "frühzeitig zu erkennen", sagte der Psychologe. Zum Teil würde man diese "nicht unbedingt mit Gewalt in Verbindung bringen", hielt er fest. Von entscheidender Bedeutung sei hier das Gesundheitssystem. Es gelte, das "Personal in allen Bereichen zu sensibilisieren", sagte Kapelari. Die Menschen dort müssten "geschult werden", auch damit sie wüssten, wie man richtig reagiert und etwaige Gewalthintergründe adäquat anspricht.
Überhaupt seien solche Sensibilisierungen und weitreichende Präventionsmaßnahmen das Gebot der Stunde: "Man muss beispielsweise auch in Schulen oder in Sport- und Jugendvereine gehen", forderte Kapelari. Auch solle man "therapeutische Gespräche" bei Trennungs- oder Obsorge-Themen "verpflichtend verankern", meinte er.