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Ein neues, gesetzlich beschlossenes Bewertungsboard soll hoch spezialisierte und hochpreisige Arzneimittel bewerten und bundesweit Anwendungsempfehlungen aussprechen. "Die Grundidee für einen einheitlichen Therapiezugang in Österreich ist sehr positiv für die Patienten", meint Medizinerin Sylvia Nanz. Fachexperten seien aber zu wenig eingebunden und die Entscheidungsfristen für die oft rasch zu verabreichenden Medikamente zu lange.
"In der Vergangenheit gab es Familien, die ihren Wohnort in ein anderes Bundesland verlegt haben, um zu Therapien zu kommen", erklärte Reinhold Kerbl von der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Landeskrankenhaus Hochsteiermark in Leoben. Dass ein neues Gremium nun für ganz Österreich die Kostenübernahme bei sehr speziellen und teuren Therapien entscheiden wird, wäre sehr begrüßenswert, damit alle Patienten in Österreich gleichberechtigt sind.
Der Kinderarzt kritisierte, dass die medizinischen Experten zahlenmäßig zu gering vertreten wären, sie würden nur drei von 25 Personen stellen. Die übrigen Gremiumsmitglieder vertreten vorwiegend die Behörden und "Zahler", etwa das Gesundheitsministerium, das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, die Länder und Sozialversicherungen. "Als Mediziner glauben wir, dass wir die Bedürfnisse der Patienten gut kennen", so Kerbl. "Wir würden auch nie eine Therapie propagieren, die den Betroffenen nichts nützt."
"Bei den meist sehr seltenen Erkrankungen, wo solche Therapien zur Anwendung kommen, ist Expertenwissen unumgänglich", erklärte Nanz, die als Medical Director bei der Pharmafirma Pfizer Corporation Austria arbeitet. "Auch Patientenexperten sollten ihre gelebte Erfahrung einbringen", sagte Elisabeth Weigand von Pro Rare Austria, einem Dachverband für Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen für seltene Erkrankungen mit Sitz in Wien: "Nur diese können den Zusatznutzen einer Therapie bewerten."
"Momentan kommen die Betroffenen vergleichsweise rasch zu neuen Therapien", berichtete Nanz. Dies wäre sehr wichtig, denn viele der Krankheiten, wo hoch spezialisierte teure Therapien zur Verfügung stehen, sind chronisch fortschreitend, das heißt, ein entstandener Schaden ist nicht mehr wettzumachen. Das neue Bewertungsboard könne sich nicht nur bis zu fünf Monate für eine Entscheidung Zeit lassen, sondern sie sogar mittels "unlimitierter Fristerstreckung" theoretisch über mehrere Jahre verzögern, kritisierte Kerbl. Er forderte, dass jener Fristenpassus im Gesetz geändert wird.
Gunda Gittler von der Apotheke der Barmherzigen Brüder in Wien bekrittelte zudem die hohen Ausgaben für das Bewertungsboard: "Drei Millionen Euro jährlich nur für Verwaltung? Damit könnten wir als Krankenhausapotheker schon sehr viele Präparate besorgen."