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Nachdem im März in Brüssel eine politische Einigung erzielt wurde, folgen zur Umsetzung des European Health Data Space (EHDS) die nötigen formellen Schritte in Rat und EU Parlament. Sobald die Verordnung in Kraft ist – Insider rechnen mit Ende des Jahres –, müssen die Vorgaben des weitreichenden EU-Rechtsakts in den Mitgliedsländern schrittweise umgesetzt werden.
Es bedeutet zuallererst, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Gesundheitsdaten grenzüberschreitend nutzen und auch besser kontrollieren können. Wir alle werden künftig eine Patientenkurzakte, also eine Zusammenfassung der wichtigsten Gesundheitsinformationen und Notfalldaten, im digitalen Gepäck haben; ebenso Verschreibungen für unsere Medikamente, Bilddaten oder Laborergebnisse. Wir werden entscheiden können, welche Daten etwa in Gesundheits-Apps weiterverarbeitet werden dürfen, zum Beispiel um uns beim Management chronischer Krankheit zu unterstützen.
Neben der Primärnutzung der Gesundheitsdaten regelt die EHDS-Verordnung auch deren Sekundärnutzung. Ausgewählte Gesundheitsdaten sollen für Forschung, Innovation, Bildung und die Planung der Gesundheitssysteme zur Verfügung stehen. Neu einzurichtende Gesundheitsdaten-Zugangsstellen werden Anträge prüfen und entscheiden, ob die Nutzungsinteressen legitim sind. Ist dies der Fall, werden die Gesundheitsdaten von den Datenhaltern in pseudonymisierter Form angefordert, durch die Zugangsstelle projektspezifisch verknüpft und der/dem akkreditierten Datennutzer zur Verfügung gestellt.
Diese erhalten die Daten in der Regel anonymisiert, in Ausnahmefällen pseudonymisiert, stets jedoch in sicheren Verarbeitungsumgebungen, die Downloads oder andere missbräuchliche Verwendung verhindern. Die Bestimmungen zur Sekundärnutzung können helfen, Datensilos dort, wo es sinnvoll ist, aufzubrechen. Es wäre dann möglich, auf Gesundheitskrisen zielgerichteter und rascher zu reagieren oder viel umfassender als bisher zu beforschen, welche Faktoren Langlebigkeit begünstigen.
Der Verordnungstext räumt Bürger die Möglichkeit eines Widerspruchs (Opt-Out) ein. So kann ich als Patient entscheiden, ob meine Gesundheitsdaten in einem bestimmten Setting verfügbar sind oder ob damit geforscht werden darf. Im Fall der Primärnutzung ist das von der nationalen Gesetzgebung abhängig. Nachdem sich Österreich in den Verhandlungen aber für eine solche Opt-Out-Lösung stark gemacht hat, und das opt out auch aus der ELGA bekannt ist, kann von einer raschen nationalen Umsetzungsgesetzgebung ausgegangen werden.
Grundsätzlich wird die Umsetzung des EHDS in Österreich nicht nur die Anpassung einer Reihe von Gesetzen erfordern, sondern auch technische und organisatorische Innovationen nach sich ziehen. Nationale Projekte zur Umsetzung der Bestimmungen laufen derzeit unter Koordination des BMSGPK und unterstützt von ELGA GmbH (Primärnutzung) und GÖG (Sekundärnutzung) an. Auch die derzeit in Ausarbeitung befindliche österreichische e-Health-Strategie hat die Entwicklungen in Richtung EHDS im Auge: Die Patientenkurzakte muss umgesetzt werden.
Die ELGA Infrastruktur muss für von Patienten selbst eingespielte Gesundheitsdaten fit werden. Datenflüsse müssen so gestaltet sein, dass nicht nur eine effiziente Versorgung, sondern auch legitime Sekundärnutzung ermöglicht werden kann. Diese darf nicht nur für Akteure möglich sein, die sich Kostenersatz für aufwendige Datenbereitstellung leisten können. Sie muss sich stattdessen am gesamtgesellschaftlichen Mehrwert orientieren. Bei all diesen Schritten wird es vertrauenswürdige Institutionen und eine transparente öffentliche Debatte brauchen. Wir können EHDS, wenn wir gemeinsam lernen wie.
Quelle: ÖKZ 2/2024, 65. Jahrgang, Springer-Verlag