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Externe wie interne Vorgaben resultieren in komplexe Change-Vorhaben. Change-Management-Projekte in Bezug auf Organisationsveränderungen gewinnen dadurch an Bedeutung im Krankenhaus – eine Feldstudie.
Mittlerweile findet in vielen Bereichen ein agiles Vorgehen im Projektmanagement statt. Projekte, die schlecht planbar sind, enthalten hohe Risiken und ein Potenzial für eine hohe Änderungsfrequenz. Daher eignen sich Hochrisikoprojekte wie komplexe Change-Vorhaben für agile Modelle, da diese eine hohe Anpassungsfähigkeit gewährleisten. Agilität beruft sich auf eigene Erfahrungen und Berührungspunkte. Agile Vorgehensweisen beinhalten aber ebenfalls soziale und kommunikative Aspekte. Agile Vorgehensweisen sind ein Zukunftskonzept und eine Führungsphilosophie. [1]
Es stellt sich nun die Frage, ob ein agiles Vorgehen bzw. das Anwenden von agilen Methoden, agilen Mindsets etc. hilfreich bei der Umsetzung von komplexen Change-Vorhaben sind. Im Rahmen meiner Master-Thesis wurde in Form eines Mixed-Methods-Designs mithilfe einer österreichweit durchgeführten Online-Befragung in allen Krankenanstalten in Kombination mit Interviews die Frage nach der Sinnhaftigkeit von einem agilen Vorgehen bei Change-Vorhaben untersucht.
Datenerhebung Als Grundgesamtheit für die quantitative Vorerhebung wurden alle Krankenanstalten in Österreich definiert (mit Stand 15.07.2019). Die Online-Erhebung wurde vom 29.10. bis zum 05.12.2019 durchgeführt. Die Teilnahme an der Untersuchung war freiwillig und die gewonnenen Informationen wurden anonym und vertraulich behandelt. Insgesamt wurden 295 e-Mail-Adressen angeschrieben. Diese e-Mail-Adressen beinhalteten sowohl teilweise Geschäftsführung, ärztliche Direktion, Pflegedirektion, kaufmännische Direktion, Stabsstellen und sonst zum Großteil die Email-Adressen der Krankenanstalten. Die Umfrage wurde in drei große Themenfelder unterteilt. Die ersten sechs Fragen beziehen sich auf allgemeine Daten der Befragten in Hinblick auf die Grundgesamtheit. Darauffolgend wurden Daten über die Quantität und Qualität von Programmen, Projekten und Change-Vorhaben erhoben. Im dritten Themenblock wurde der Fokus auf die Projektorganisation in den Krankenanstalten und das Hauptthema dieser Arbeit „Agile Vorgehensweisen bei komplexen Change-Vorhaben“ gelegt.
Der Fragebogen wurde insgesamt von 76 Personen bearbeitet. Der Rücklauf zeigt, dass ein gewisses Interesse für das Thema vorhanden ist. Nach Bereinigung der erhobenen Daten und dem Ausschluss ungültiger Fälle verblieben 60 Personen in der Stichprobe (n = 60).
Die Bedeutung einer agilen Vorgehensweise im Projektmanagement bei komplexen Change-Vorhaben wurde als hoch bzw. sehr hoch von den Probanden eingestuft:
Die Studie ergab aber ebenfalls, dass ein Großteil der Probanden weniger als 25% agil ihre Projekte umsetzen und diese Umsetzungsform vermutlich noch sehr unbekannt in österreichischen Krankenanstalten ist. Werden agile Ansätze genutzt, kommen diese bei Change-Vorhaben, Strategie- und Organisationsentwicklungen und Änderung von pflegerischen Abläufen hauptsächlich zur Anwendung (Nutzen). Komplexe Themen, Qualitätsverbesserung und interdisziplinäre Projektteams werden als Hauptauslöser für eine agile Vorgehensweise genannt. Es zeigt sich, dass die Führung eine große Rolle für die Unterstützung bei agilen Vorgehensweisen spielt (Geschäftsführung, Direktionsmitglied und Abteilungsleiter). Als agile Praktiken kommen das Shopfloor Board, Lean Thinking und Kanban Board bereits zur Anwendung. Folgende Abbildung veranschaulicht das Ergebnis dieser konkreten Frage:
Die Form einer Expertenorganisation und die starren hierarchischen Strukturen aufgeteilt auf die drei Ebenen Verwaltung, Medizin und Pflege erschweren die Veränderungsbereitschaft. Die Form einer klassischen Linienorganisation hindert zusätzlich bei Change-Vorhaben. Die Handlungen und Prozesse sind in den meisten medizinischen Bereichen als dringend und unaufschiebbar einzustufen und es ist nur eine geringe Fehlertoleranz zulässig.
Programme und Projekte sind ein wichtiges Werkzeug, um Visionen, Strategien und Ziele in einer Organisation voranzubringen. In der Online-Umfrage zeigt sich aber, dass nicht in jeder Einrichtung ein Projektmanagement vorhanden ist. Die Literatur weist in diesem Zusammenhang auf einen Mangel an empirischen Untersuchungen hin, die den Benefit von Projektmanagement in Krankenhäusern bestätigen. Ist ein Projektmanagement vorhanden, führt eine Professionalisierung bzw. das Einführen von Standards zu einem besseren Projekterfolg.
Ein agiles Vorgehen im Projektmanagement erfordert ein Konzept, die richtige Priorisierung in Form eines Multiprojektmanagements und eine gute Vorbereitung. Da die einzelnen Krankenanstalten in Österreich verschiedenartig strukturiert sind und verschiedene Träger- und Führungsstrukturen aufweisen, sind die Einflussfaktoren auf die einzelne Organisation sehr unterschiedlich und müssten vertiefend untersucht werden.
Der Träger von Krankenanstalten ist gefordert, die einzelnen Führungspositionen mit entsprechenden Persönlichkeiten mit einer adäquaten Ausbildung und Werteverständnis zu besetzen. Dies impliziert ein gemeinsames Verständnis von Visionen und Strategien zwischen dem Träger und dem Management in den einzelnen Einrichtungen. Führungskräfte-Entwicklungsprogramme unterstützen zusätzlich diesen Prozess.
Es ist notwendig, Projektmanagement mit definierten Standards in der Organisation zu verankern. Veränderungsvorhaben bzw. Programme und Projekte müssen im Rahmen eines Portfoliomanagements in regelmäßigen Abständen in Hinblick auf den Benefit für die Organisation und den benötigten Ressourceneinsatz priorisiert werden.
Die Inhalte von Veränderungsprogrammen bzw. -projekten sollten soweit unterteilt sein, dass Quick-Wins implementiert werden können. Damit ist die Etablierung eines Portfoliomanagements verbunden. Um dies zu gewährleisten, müssen Richtlinien bzw. Standards für die Organisation erarbeitet werden. Ein Projektmanagement-Office kann dabei unterstützen.
Eine gemeinsame Wertvorstellung, die ein Arbeiten auf Augenhöhe, gegenseitiges Vertrauen und Respekt garantiert, sollte im Mindset der Organisation tiefgreifend vorhanden sein. Der Mensch und eine patienten- und mitarbeiterzentrierte Denkweise sollten bei jedem Veränderungsprozess im Mittelpunkt stehen.
Größere Change-Prozesse erfordern ein eigenes Projekt, das den Wandel begleitet. Eine transparente und verständliche Kommunikationsstrategie stellt einen weiteren wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Das Einführen von interdisziplinären Projektteams und das gegenseitige Lernen aus vergangenen Veränderungsprozessen ermöglichen ein vernetztes Lernen. Dies erfordert räumliche Freiräume und das Zulassen von selbstorganisierten Teams mit einem kompetenten Entscheidungs- und Handlungsspielraum.
Das Einführen von Lean Management mit Blick auf die gesamte Organisation und nicht nur auf einzelne Prozesse führt letztendlich zu einer Lastreduktion im System.
Bei geplanten Veränderungsprojekten sollte gezielt vor Projektstart eine Ist-Analyse erfolgen, um Verschwendungen und unnötige Last zu reduzieren. Die Etablierung eines übergeordneten Change-Koordinators mit dem Auftrag, die interdisziplinäre Vernetzung voranzutreiben, ist anzustreben.
Eine agile Vorgehensweise verhindert nicht Widerstand bei den Mitarbeitern und erfordert weiterhin ein strukturiertes Zeit- und Veränderungsmanagement. Normen und Standards müssen für ein gutes Kompetenz- und Rollenverständnis im Projektmanagement vorhanden sein. Der Einsatz von Shopfloor-, KanbanBoards, Stand-up Meetings schafft Freiräume für schnelle Entscheidungen und ressourcenschonendes Arbeiten im Team und ermöglicht einen besseren visuellen Überblick über notwendige Arbeitspakete. Dabei ist das Einhalten von festgelegten Regeln und Handlungsspielräumen zwingend erforderlich. Folgende Abbildung verdeutlich zusammenfassend die einzelnen notwendigen Schritte für eine agile Vorgehensweise: