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Ein internationales Forschungsteam um Richard Bethlehem von der Universität Cambridge und Jakob Seidlitz von der Universität Pennsylvania hat einen riesigen Datensatz von Hirnscans gebündelt, um die Entwicklung des Gehirns vom Mutterleib bis ins hohe Alter nachzuzeichnen. Das könnte helfen, krankhafte Veränderungen frühzeitig zu erkennen.
Eltern kennen die regelmäßigen Kontrollen bei Kinderärzten, die Größe, Gewicht und Kopfumfang des Nachwuchses aufzeichnen. Indem die Daten mit Gleichaltrigen verglichen werden, lassen sich etwa Wachstumsstörungen erkennen. Wachstumstabellen gehören seit mehr als 200 Jahren zu den Eckpfeilern der Pädiatrie. Analoge Referenztabellen für das Gehirn gibt es bisher aber keine.
Die Wissenschaftler haben nun einen ersten Schritt gemacht, um diese Lücke zu schließen. Sie trugen den nach eigenen Angaben bisher größten Datensatz zusammen, um typische und atypische Entwicklungen und Alterungsprozesse des Gehirns aufzudecken. In die Arbeit flossen fast 125.000 Hirnscans von über 100.000 Personen ein, wie sie am Mittwoch im Fachmagazin "Nature" berichteten. Die Hirnscans stammen von 15 Wochen alten Föten bis zu hundertjährigen Personen.
Anhand der Daten konnten die Forschenden etwa zeigen, dass das Volumen der grauen Hirnsubstanz, die hauptsächlich Nervenzellen enthält, ab Mitte der Schwangerschaft beim Ungeborenen rasch zunimmt und kurz vor dem sechsten Lebensjahr seinen Höhepunkt erreicht. Danach wird es langsam weniger.
Auch die weiße Substanz - vereinfacht gesagt der Kommunikationskanal des Gehirns - nimmt bis zum 29. Lebensjahr rasch zu. Ab fünfzig Jahren beschleunigt sich der Rückgang. Zudem ging aus den Daten hervor, dass die Gehirngröße mit dem Alter natürlicherweise abnimmt - bei Alzheimer-Patienten jedoch viel schneller.
Die Wissenschaftler hoffen, dass die Referenztabellen zum menschlichen Gehirn einst zu einem klinischen Routineinstrument werden. Doch sie betonen, dass dies noch ein langer Weg sei und man sich noch in einem sehr frühen Stadium dieses Vorhabens befinde.
Denn es gebe noch Verzerrung in den Erkenntnissen, weil beispielsweise vor allem Daten von Menschen europäischer und nordamerikanischer Abstammung in die Analyse eingeflossen seien. Solche Verzerrungen müssten von der globalen wissenschaftlichen Gemeinschaft angegangen werden, so die Wissenschaftler.