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Forecasts by Twitter

19. Mai 2022 | Michaela Endemann
Symbolbild Twitter
Symbolbild Twitter

Datamining at its best

Zahlreiche Studien beschäftigen sich mit der Auswertung von Twitter-Hashtags und deren Inhalt. Eines der Ergebnisse: Neue COVID-Wellen haben sich in den Tweeds der Nutzer früher abgezeichnet als in den Dashboards der Behörden.

Twitter erreicht täglich 211 Millionen aktive Nutzer und das in Echtzeit. Da sind Tweets z.B. zum eigenen Gesundheitszustand, über Erkrankungsverläufe oder auch nur bis hin zu Erfahrungsaustausch über chronische Erkrankungen zu finden. 

Die meisten derzeit verfügbaren wissenschaftlichen Studien über Tweets im Gesundheitsbereich wurden in den letzten zwei Jahren veröffentlicht und handeln von der Vogelgrippe, Ebola, Herzerkrankungen, Asthma, psychischen Erkrankungen und aktuell Corona. All dies führt zu einer großen Menge an Daten.

 

Tweets finden und taggen

Anfangs ging es um pure Handarbeit: Tweets wurden extrahiert, getaggt und ausgewertet. Eine der ersten Studien von Axel Maireder über die Twitterpolitik in Österreich aus dem Jahr 2012 demonstriert diese Handarbeitsehr anschaulich. Im Gesundheitsbereich ist das seit 2009 bestehende „Healthcare Hashtag Project“ spannend. Es stellt relevante Hashtags, Chats und Konferenzen zum Thema Gesundheit bereit. 

Diese Datensammlung enthält heute über zwei Milliarden Tweets und über 23.000 Gesundheitshashtags. Mittlerweile ist daraus ein Unternehmen geworden, das neben Forschung auch kommerziell tiefergehende Twitteranalysen im Gesundheitsbereich anbietet, vorwiegend im Pharmabereich. Heute stehen den Forschenden – auch seitens Twitter selbst – schon einige technische Hilfsmittel zur Verfügung, bis hin zur Auswertung mittels künstlicher Intelligenz. Handarbeit bleibt es trotzdem.

 

Der Twitter COVID-19-Stream

Ein „Application Programming Interface“ (API) ist eine IT-Schnittstelle, die es erlaubt, gespeicherte Informationen einer Datenbank abzurufen. Twitter stellt solche APIs nach Registrierung zur Verfügung und bietet immer wieder spezielle APIs für Themen an, z.B. den Twitter COVID-19 Stream. 

Über 100 Forscher- und Entwicklerteams aus mehr als 30 Ländern erhielten nach einem Prüfverfahren Zugang zum COVID-19-Stream. 90 Prozent der Anträge zur API-Nutzung kamen aus dem akademischen Umfeld. Die restlichen genehmigten Anträge waren NGOs, die diese Daten für Dashboards, Apps, Tools und Ressourcen nutzen, die der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Mehr als die Hälfte der Projekte konzentrierte sich auf die Untersuchung von Symptomen und Desinformationen über das Coronavirus. Weitere Themen waren die öffentliche Haltung gegenüber der Pandemie und die atmosphärische Entwicklung der Öffentlichkeit. In jüngster Zeit verlagerte sich die Forschung immer mehr von der Untersuchung des Virus selbst auf das Thema Impfungen, so die twittereigenen Auswertungen.

 

Vorhersage via Twitter?

Im Zuge der Tagung der Health Information and Management Systems Society (HIMSS) in Orlando, Florida (17. März 2022) wurde eine aktuelle Untersuchung über das Vorhersagepotenzial von Twitter vorgestellt (Social Media Data to Improve COVID-19 Forecasts). 

Dazu eine der Studienautoren Gina Debogovich: „Wir haben über 10.000 Twitter-COVID-Post per Hand klassifiziert und Modelle zur Vorhersage erstellt. Bereits sieben bis zehn Tage bevor noch offizielle Dashboards einen Anstieg der COVID-Fälle anzeigen, sehen wir den Anstieg auf Twitter.“ Ihr Fazit: „Die Untersuchung unterstreicht die Bedeutung von Twitter Data Mining bei der Vorhersage von Gesundheitszuständen und Infektionskrankheiten, was in Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen sollte.“


Links: Netzwerke und Themen der politischen Twittersphäre in Österreich, Axel Maireder

Quelle: ÖKZ, 63. JG, 05/2022, Springer-Verlag