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Bei der Bekämpfung von viralen Infektionskrankheiten sind die hohen Mutationsraten der Erreger eine der größten Herausforderungen. Grazer Wissenschaftler entwickeln eine Technologie, mit der sie die Evolution der Viren beobachten und voraussagen wollen, wie gefährlich die jeweilige Mutation für den Menschen werden kann, teilten die Universität Graz, das Austrian Center of Industrial Biotechnology (acib) und deren Bioinformatik-Start-up Innophore kürzlich mit.
Als die ersten Impfstoffe gegen das Coronavirus auf dem Markt waren, dachte man, dass endlich sichere Mittel dagegen verfügbar seien. Doch das Virus ist aufgrund seiner Mutationsfreude den Entwicklern von Impfstoffen immer einen Schritt voraus. Immer wieder bringen die zufälligen Veränderungen des Erbguts dem Virus Vorteile wie eine bessere Anpassung an die Umweltbedingungen. Das kann zu einer schnelleren Verbreitung oder auch schnelleres Eindringen in die Wirtszelle führen.
Bei SARS-CoV-2 haben wir gesehen, wie schnell sich ständig neue Varianten bilden, die unterschiedliche Eigenschaften mit sich bringen. Deshalb ist es wichtig, dass es uns in Zukunft gelingt, rascher und präziser vorherzusagen, wie gefährlich ein Virus werden kann.
Seit 2020 beobachten die Grazer Forscher gemeinsam mit dem acib und der Universität Graz mithilfe von Sequenzierungen von Coronavirus-Genomen die Veränderung im Erbgut der Viren. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (AI) wollen sie deren Relevanz und Gefahr einschätzen. Und das nicht nur für die aktuelle Situation, sondern auch für potenzielle Mutationen - eine virale Wettervorhersage sozusagen.
Die Wissenschaftler haben zunächst den strukturellen Aufbau des Virus erforscht. Sie wollen verstehen, wie und an welchem Platz es sich verändert, bzw. einschätzen, welche Stämme sich künftig wie verändern und welche das höchste Potenzial haben sich epidemisch durchzusetzen. Aus den bekannten Datensätzen erstellten sie ein Computermodell mit dem sie alle denkbaren Virus-Varianten und das Zusammenspiel mit der menschlichen Zelle austesten können.
Wie die Grazer Forschenden erkannt und jüngst publiziert haben, hängt im Fall von COVID-19 die Infektiosität stark mit der Bindung der CoV-2-Spike-Rezeptorbindungsdomäne (RBD) und dem menschlichen Rezeptor hACE2 zusammen.
Die Punktwolken werden dazu verwendet, die Stärke der Bindung dieser Proteine zu berechnen, und so können Aussagen über die Infektiosität getroffen werden. Das wiederum ist ein wichtiger Indikator für die Infektiosität.
Dazu wird immense Rechenleistung benötigt. Die Einbindung von Simulationsleistung von Amazon Web Services habe die Geschwindigkeit der von Innophore durchgeführten Berechnungen um ein Vielfaches erhöht. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Unternehmen ist im Rahmen der Amazon Web Services Diagnostic Development Initiative (DDI) entstanden und laut Innophore mittlerweile zu einer stabilen Kooperation gewachsen.
Gruber dachte bereits einen Schritt weiter: "Beim Abwassermonitoring wird gescannt, welche Virusvarianten sich im Abwasser befinden. Was man aber durch unsere Technologie zum ersten Mal kann, ist Abschätzungen auch bei gänzlich neuen, unbekannten Varianten, die man noch nicht entdeckt hat, zu treffen." Unter dem Stichwort "Abwassermonitoring 2.0" will man daher zusammen mit Kläranlagen österreichweit ein System etablieren, das über die COVID-19 Überwachung hinausgeht und die Überwachung sämtlicher ansteckenden Krankheiten erlaubt. So könnten auch lokal strengere Maßnahmen schnell eingeleitet werden, um eine mögliche Ausbreitung schnell zu verhindern.