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Eine Medikationsanalyse in der Apotheke senkt Probleme durch Arzneimittel für Patientinnen und Patienten im Schnitt um 70 Prozent. Das ergab eine Studie der MedUni Wien mit rund 200 Betroffenen, die acht oder mehr Medikamente einnehmen. Der "größte Brocken" betrifft Wechselwirkungen, erläuterte Studienleiter Christian Schörgenhofer. Die Apothekerkammer will Medikationsanalysen nun überall anbieten und hofft dafür auf eine Kostenübernahme der Sozialversicherung.
Rund 500.000 Menschen sind in Österreich von Polypharmazie betroffen, was meistens mit einer Einnahme von täglich fünf Medikamenten oder mehr definiert ist, berichtete Raimund Podroschko, erster Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer. Nur 50% aller Patienten in Österreich nehmen die Medikamente richtig ein, "das ist ein eher erschütternder Wert", sagte er. "50% haben auch mangelnde Gesundheitskompetenz" und "bis zu 20% aller Krankenhausaufnahmen sind das Resultat von unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei Menschen über 60 Jahren."
Hier setze die Medikationsanalyse an "und diese drei Problembereiche werden durch dieses neue Dienstleistungsangebot deutlich verbessert", betonte Podroschko. Im Schnitt wurden bei den Studienteilnehmer in 14 Wiener Apotheken mehr als 15 arzneimittelbezogene Probleme festgestellt, berichtete Schörgenhofer. Die Ergebnisse nach der Medikationsanalyse und Patientengesprächen zeigten eine "hochsignifikante Reduktion" der Probleme um 70%, sagte der Leiter der Arzneimittelambulanz der MedUni Wien. Die Einhaltung der Therapieziele (Therapieadhärenz) wurde um 60% verbessert und die Gesundheitskompetenz um 65%. Außerdem kam es zu einer Reduktion der eingenommenen Medikamente um circa 10%, "was mich zumindest auch überrascht hat", hielt Schörgenhofer fest.
Doppelverordnungen von Medikamenten von unterschiedlichen Herstellern mit dem gleichen Wirkstoff, wo es zu Überdosierungen kommt, seien jedoch selten. Neben diesen Problemen und den in der Studie häufig festgestellten Wechselwirkungen wurden auch Anwendungsfehler der Patienten identifiziert. Einige Patienten behandeln mit ihrem Asthmaspray mehr die Zunge als die Lunge oder nehmen erst recht gar nicht die Schutzkappe des Sprays ab, berichteten Schörgenhofer und Podroschko. Sinn macht eine Medikationsanalyse beispielsweise, wenn Patienten aus einem Krankenhaus nach Hause geschickt werden, empfahl Schörgenhofer. Dann "verändert sich sehr viel".
"Es bringt der gesamten Bevölkerung etwas", betonte Podroschko. Daher müsse die Leistung für ältere Personen, die viele Medikamente nehmen, selbstbehaltlos oder mit einem niedrigen Selbstbehalt bis zur Rezeptgebühr sein, forderte er. Die Apothekerkammer sei in Gesprächen mit dem Dachverband der Sozialversicherungsträger und auch mit Ärzten im Austausch. "Es geht nicht darum, dass ich den Arzt kontrolliere, sondern dass ich die Therapie bestmöglich unterstütze", versicherte er den Medizinern.
Das Studium der Pharmazie berechtigt dazu, Medikationsanalysen durchzuführen, erläuterte Stefan Deibl, Leiter der Fortbildungsabteilung der Apothekerkammer. Schon weit über 3.000 Apothekerinnen und Apotheker haben Zusatzausbildungen gemacht, die von zweitägigen Intensivkursen bis hin zu monatlichen Besprechungen von Fallbeispielen gehen. "Die Apotheken sind bereit", sagte er. "Wir brauchen jetzt nur noch sozusagen das 'Go' von der Sozialversicherung."
Die österreichweite Implementierung der Medikationsanalyse samt Patientengespräch könne mit einer begleitenden Software "relativ flott vonstatten gehen", ergänzte Podroschko.