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Einzelordi­na­tionen künftig in der Minder­heit?

1. Juli 2024 | APAMED (APA-OTS)
Älterer niedergelassener Arzt im Gespräch mit Patienten.
Älterer niedergelassener Arzt im Gespräch mit Patienten.

Österreichs öffentliche Gesundheitsversorgung steht vor einem radikalen Strukturwandel: Bis 2030 werde die ärztliche Einzelordination in Österreichs Ballungsräumen eher in der Minderheit sein, prophezeite Andreas Huss, im zweiten Halbjahr turnusmäßig Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), am Montag vor Journalisten. Massiv ausgebaut würden bis dahin Primärversorgungseinheiten (PVE), in denen Ärztinnen und Ärzte mit anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten.

Diese neuen Formen der Zusammenarbeit sollen dann zur Regel werden, betonte Huss, der als Arbeitnehmervertreter im zweiten Halbjahr 2024 erstmals im halbjährlichen Wechsel auch Chef des Dachverbands der Sozialversicherungen ist. Festgelegt wird dies im österreichischen sowie in neun regionalen Strukturplänen, die im Herbst neu verhandelt werden.

Huss' Zielvorstellung: Bis Ende 2030 soll die Zahl der PVE von 75 auf 300 wachsen. Diese soll es dann nicht nur - wie bisher - in Bereich der Allgemeinmedizin und Kinderheilkunde geben, sondern auch im Bereich Frauengesundheit (mit Fokus auf kassengynäkologische Versorgung durch Frauen) und der psychosozialen Versorgung. PVEs aus beiden Bereichen sollen jeweils in allen 32 Versorgungsregionen Österreichs etabliert werden, so der Plan.

Massiv ausbauen möchte der zur SPÖ zählende ÖGK-Chef auch die Versorgung chronisch kranker Patienten, etwa im Bereich Diabetes, wo Österreich im Europavergleich besonders schlecht dasteht, sowie das Impfprogramm für Erwachsene. Die ÖGK stockt zudem die Zahl ihrer Zahngesundheitszentren auf, und auch die Gesamtvertragsverhandlungen mit den Ärzten bleiben ein wichtiges Vorhaben - auch wenn die Ärztekammer beim Finanzausgleich den Zeitdruck dafür im Vorjahr herauslobbyieren habe können.

Ansonsten sind die Vetomöglichkeiten der ärztlichen Standesvertretung aber eingeschränkt worden, freute sich Huss. "Wir müssen viel ausbauen, viel umsetzen. Jetzt haben wir die Möglichkeit bei den regionalen Strukturplänen, das ohne Ärztekammer zu tun." Einsprüche wie bisher, um einzelnen niedergelassenen Ärzten ein höheres Einkommen zu sichern, seien dadurch nun nicht mehr möglich.

Ausgebaut wird nach den Alarmrufen der Vergangenheit auch die Versorgung bei Magnetresonanz (MR)- und Computertomographie (CT)-Untersuchungen, wie bereits am Freitag bekannt wurde. Es werden 13 zusätzliche MRT-Geräte in sieben Bundesländern in den Großgeräteplan aufgenommen. Zusätzlich arbeitet die Sozialversicherung an der Weiterentwicklung eines Konzepts für ein Wartezeiten-Monitoring, damit dringende Fälle - etwa bei Krebsverdacht - innerhalb nur weniger Tage einen von der Kasse bezahlten Termin bekommen.

Positiv bewertete der ÖGK-Obmann auch die neuen Vorgaben für Wahlärzte, etwa die seit Monatsbeginn geltende Verpflichtung, die Rechnungen für die Patienten bei der Krankenkasse einzureichen. 

Ab 2026 komme auch die E-Card- und ELGA-Pflicht für diese Ärzte. Weiterhin mache deren Anteil aber nur sieben Prozent der Abrechnungen aus, betonte Huss.

Eine Lücke ortete er allerdings noch, und zwar eine finanzielle. Die 300 Mio. Euro, die die Sozialversicherungen zusammen pro Jahr aus dem Finanzausgleich für neue Leistungen bekommen, seien viel zu wenig. Es müsse mehr Steuergeld in die öffentliche Gesundheitsversorgung fließen, so Huss' Botschaft an die kommende Bundesregierung nach der Nationalratswahl im Herbst.

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