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Arbeitsbeziehungen werden, wie andere Beziehungen auch, nicht mehr mit einem weiten Zeithorizont eingegangen. Auf der Seite der Beschäftigten ist dies auf eine höhere Mobilität und ein anderes Verständnis von Bindung zurückzuführen. Das Arbeitsethos einer bedingungslosen Loyalität an ein Unternehmen ist Geschichte. Auf der Seite der Organisationen als Arbeitgeber ist die Trennung eine unumgängliche Maßnahme, wenn auf hohe Unbestimmtheit und technische Umbrüche rasch reagiert werden muss. In unserem konsensorientierten System der Arbeitsbeziehungen hat der Begriff Trennung nichts an Schärfe eingebüßt. Deshalb sollte man damit nicht so salopp umgehen wie etwa im angelsächsischen, konfliktorientierten System. Dort signalisiert allein das Wort Job Wechselbereitschaft und viele Arbeitsbeziehungen ähneln einer Drehtür.
Es erstaunt, wie leichtfertig oft mit dem Thema Trennung und damit dem Ruf der eigenen Organisation umgegangen wird. Wenn etwa Mitarbeiter mit einer dürren SMS gekündigt werden und die einzige Sorge darin besteht, dass die Mitarbeiter den Erhalt der Kündigung prompt bestätigen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Oder wenn ein hoffnungsvolles Karrieregespräch geführt wird, „Wo sehen Sie sich denn bei uns in drei Jahren?“, und das Unternehmen wenig später dicht macht. Oder wenn das Management die Mitarbeiter zappeln lässt, wessen Name wohl auf der Kündigungsliste steht.
Organisationen, die einen Ruf als attraktiver Arbeitgeber (Employer of Choice) anstreben, sind gut beraten, eine Trennungskultur zu pflegen. Diese gedeiht am besten auf dem Boden eines humanistischen Menschenbildes. Respekt vor dem Anderssein gehört dazu. Wer öfter Trennungsgespräche als gemeinsamen Blick rückwärts gestaltet, hat die Chance, sich in andere Lebenswelten hineinzuversetzen. Und er lernt dabei, die eigene Organisation mit den Augen anderer zu sehen. So kann der einen oder anderen Trennung vorgebeugt werden.
Verlässt der Mitarbeiter die Organisation aus eigenem Antrieb, signalisiert eine positive Trennungskultur dem Arbeitnehmer Wertschätzung – ein rares Gut in einer Zeit der Oberflächlichkeit. Zudem werden die Chancen einer Rückkehr zur Organisation nicht von vornherein verbaut. Angesichts der Ausdünnung des Reservoirs an Human-Ressourcen hat das Wort „Bumerang-Mitarbeiter“ inzwischen einen milderen Klang. Die eindrucksvollste Story als Rückkehrer lieferte vermutlich Steve Jobs. Nach Konflikten mit seiner von ihm mitgegründeten Firma Apple machte er einen Cut und gründete die Computerschmiede NeXT. Nach zwölf wechselvollen Jahren kehrte Jobs als Bumerang zurück zu Apple, wo er später das iPhone präsentierte.
Ein Mitarbeiter, der freiwillig ausscheidet, kann auf verschiedene Weise auf die Organisation zurückblicken. Im Zorn – und damit emotional aufgeladen. Enttäuscht, weil Erwartungen nicht erfüllt wurden. Oder sachlich, wenn die Trennung auf einem nüchternen Abwägen beruht. Ein Trennungsgespräch kann dann besänftigen, vielleicht versöhnen oder zumindest ein gemeinsames Verständnis sicherstellen. Vor allem kann es eine höchst informative Gelegenheit sein, sich als Führungskraft einen Spiegel vorhalten zu lassen. Dies verlangt allerdings die Bereitschaft, die Rückblicke auch in ihrer unverblümten Art ohne Kränkung zu akzeptieren. „Das Verrückteste, was ich tun konnte, war, einen Fehler zuzugeben.“ „Als Frau wurde ich wie eine zweite Wahl behandelt.“ „Ich hatte mich für eine Führungsposition beworben und landete hinter der Wursttheke.“ „Mein Rücken war kaputt, aber es hieß immer, mehr stehen und nicht immer nur sitzen.“
Geht die Trennung von der Organisation aus, so vermag eine positive Trennungskultur immerhin Ärger und Frustration zu dämpfen. Das Selbstwertgefühl der Betroffenen bleibt erhalten. Nicht zuletzt fallen auch Folgekosten durch arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen weg. All dies führt uns vor Augen, dass Führung – bei all den Sachzwängen – in allererster Linie Verantwortung für Menschen bedeutet.
Ein Trennungsgespräch sollte nur führen, wer die Gabe besitzt, einen Dialog zu führen. Denn das schließt sowohl den Monolog als auch das Weghören aus. Sinnvolles Fragen gehört dazu: „Was hätte passieren müssen, damit Sie uns nicht verlassen?“ „Was würden Sie jemandem, den Sie gut kennen, über unser Unternehmen erzählen?“ „Was war Ihr größter Erfolg bei uns?“ „Und Ihre größte Enttäuschung?“ Ein Trennungsgespräch darf nicht zum Feigenblatt verkommen: „Wenn Sie etwas brauchen, ich bin immer für Sie da.“
Quelle: Qualitas 04/2024, Springer-Verlag.