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Theoretisch spielen in der Ausbildung von Pflegekräften und MTDs Praktika eine große Rolle. Allerdings ist die Anleitung oft nicht standardisiert, sind Anleitende nicht freigespielt und es fehlen interne Leitlinien auf den Abteilungen.
Es braucht unbedingt eine Ansprechperson für jemand, der ein Praktikum absolviert, und ebenso ein pädagogisches Grundkonzept, welches die gesamte Praktikumszeit abdeckt und klar strukturiert ist“, analysiert Doris Schlömmer, Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege an der Pflegeschule am Salzkammergut Klinikum Bad Ischl. Im Idealfall müsste eine Person, die in ihrer Funktion als Praxisanleiter entsprechend geschult ist, für Auszubildende von Beginn des Praktikums an zumindest die ersten Arbeitstage verfügbar und für diese Aufgabe freigespielt sein. So kann eine gute Einführung erfolgen, indem grundlegende Arbeitsabläufe erklärt und Lern- bzw. Praktikumsziele definiert werden. Auch im weiteren Verlauf des Praktikums sollte es fixe Personen geben, an die sich der Auszubildende mit Fragen wenden kann und welche die oder den Lernenden in diversen Handlungen strukturiert anleitet und diese zeitnahe reflektiert.
„Es reicht ganz sicher nicht aus zu sagen: ‚Schau einfach einmal zu, dann wirst du es schon lernen‘“, hält Schlömmer fest. Damit bestehe nämlich die Gefahr, dass sich Auszubildende den aus ihrer Sicht einfachsten Weg aussuchen, Gesehenes kaum hinterfragen und nur situations- bzw. personenorientiert handeln. „Praxisanleiter müssen zur Verfügung stehen, um einem Auszubildenden beispielsweise bei einer Pflegehandlung zuzusehen, Feedback zu geben und Optimierungsvorschläge auszusprechen.“ Diese Anleitungssituation brauche ausreichend Zeit, „sonst resultiert aus dem Praktikum lediglich Anwesenheit und Mitarbeit, aber kein nachhaltiger Lernprozess“, meint Schlömmer.
Von einer gut umgesetzten Praktikumsanleitung könnte auch die jeweilige Abteilung profitieren, meint Schlömmer, denn „so bringt jemand den aktuellsten Stand der Wissenschaft in das Praxisfeld sowie neue Perspektiven und Ideen“. Im Laufe des Arbeitslebens würden sich im Spital zweifellos Routinen einstellen, wo es manchmal sehr hilfreich sei, wenn jemand eine Außenperspektive einbringt. Dazu sei es wichtig, in der Abteilung Bereitschaft zur Reflexion zu zeigen, „ein ‚Wir haben das immer schon so gemacht‘ ist dabei kontraproduktiv, mitunter sogar eine vergebene Chance zur Verbesserung“, so Schlömmer.
In der Oberösterreichischen Gesundheitsholding wird darauf geachtet, dass es an jeder Station zumindest drei bis vier Personen mit einer Ausbildung zum Praxisanleiter gibt. Laut Schlömmer stehen dem aber oft Krankheitsfälle, Urlaube oder intensive Arbeitsabläufe im Wege, wo dann eine Begleitung nur unzureichend möglich ist. „Das ist natürlich auch eine Kostenfrage. Denn selbst wenn nur eine Viertelstunde pro Ausbildendem pro Tag berechnet wird, ergibt das bei der hohen Zahl der Auszubildenden sehr schnell große Kosten.“ Problematisch sieht Schlömmer dabei, dass in der aktuellen Ausbildungsverordnung der Pflegeberufe eine Praxisanleitung stundenmäßig nicht verpflichtend festgelegt ist. Personen vom gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankheitspflege sind zwar verpflichtet anzuleiten, allerdings fehlt es an konkreten zeitlichen und strukturellen Vorgaben. Auszubildende würden demnach oft einfach mitlaufen und die Begleitung orientiert sich an den Ressourcen der Ausbildungsstätten. „Eigentlich müsste gesetzlich verankert werden, wie viele Praxisanleitende pro Schüler zur Verfügung stehen sollen, und auch, wieviel Zeit diese zur Verfügung gestellt bekommen.“ Für manche Stationen würde das laut Schlömmer konsequenterweise bedeuten, einige Personen mehr anzustellen, damit diese auch wirklich für die Praxisanleitung freigespielt sind.
In der Pflegeschule in Bad Ischl gibt es viermal im Jahr Treffen mit den Praxisanleitern, wo sowohl Erfahrungen im praktischen Handlungsfeld ausgetauscht, als auch die Ziele für die Praktikumsanleitung besprochen werden. „So ein kontinuierlicher Austausch müsste ebenso Standard sein.“ In Österreich wird im Bereich Pflege und MTD gerne von dualen Ausbildungen gesprochen, „aber die Realität sieht dann oft anders aus. Denn der Stellenwert der Praktikumsanleitungen ist oft sehr niedrig und diese eigentlich essenzielle Zeit wird zu wenig intensiv im Sinne eines befruchtenden Von- und Miteinander-Lernens genutzt. In der Schweiz werden die Praxisanleiter Berufsbildner genannt und haben einen viel größeren Stellenwert. Deren Einsatz ist auch in der Gesundheitspolitik und in den Leitlinien der Spitäler verankert.
In einem aktuellen Positionspapier [1] fordert der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) eine Adaption und Weiterentwicklung der Ausbildung für Pflegeberufe. Hier wird deutlich zwischen Praxisbegleitung und Praxisanleitung unterschieden, wobei letztere nur durch speziell geschulte Pflegekräfte umgesetzt werden sollte; erforderlich seien zumindest 160 Stunden Weiterbildung. Die wird in Österreich an mehreren Stellen angeboten, allerdings bringt sie nicht viel, wenn die Weitergebildeten nach der Rückkehr in die Abteilung mit Alltagsaufgaben so überlastet sind, dass sie sich nur sehr bedingt der Praxisanleitung widmen können. Unterstützt werden könnten Praxisanleiter durch Mentoren, erfahrene Pflegepersonen, die in der Praxis ergänzend zu ihren üblichen beruflichen Aufgaben gezielte und überprüfende Anleitungstätigkeiten übernehmen, wie es im Positionspapier heißt. Auch die Mentoren sollten Zugang zu entsprechenden Fortbildungen haben.
Die Praxis ist einer der drei Lernorte in der Pflegeausbildung. Daneben gibt es noch den Lernort Schule und den sogenannten dritten Lernbereich „Training und Transfer (LTT)“. „Dort wird explizites Fachwissen aus dem Lernort Schule mit implizitem Kontextwissen aus dem Lernort Praxis verknüpft und in Verbindung gebracht“, erklärt Schlömmer, die an einem weiteren Positionspapier des ÖGKV zum Thema LTT mitgewirkt hat.[2] Im LTT werden Fertigkeiten trainiert, Erfahrungen reflektiert und komplexe Pflegesituationen unter realistischen Arbeitsbedingungen nachgeahmt. Es werden dafür unterschiedliche didaktische Methoden, wie das CAS-Modell (Cognitive Apprenticeship), für das Üben und Trainieren angewendet. Ebenso finden im LTT das problemorientierte Lernen, die Fallarbeit, das simulationsbasierte Lernen und strukturierte Reflexionsmethoden ihren Einsatz. Die Inhalte, die im LTT trainiert und vertieft werden, ergeben sich aus dem Anforderungs- und Qualifikationsprofil des jeweiligen Berufsbildes. Es werden hierbei sowohl pflegerische, therapeutische als auch diagnostische Interventionen geübt. Der Lernbereich Training und Transfer ist zurzeit noch nicht in allen Ausbildungsstätten in dieser Form implementiert, da er einen hohen Personalaufwand und entsprechendes Expertenwissen über diese didaktische Methode voraussetzt.
Aus einer aktuellen Studie [3] wird deutlich, dass Anspruch und Realität auch im Bereich der MTD deutlich auseinandergehen. Bei einem Drittel der befragten Praxisanleiter im Feld Physiotherapie zeigt sich, dass es keinen standardisierten Betreuungsplan gibt – und ist dieser vorhanden, wird darüber nur am Rande intern kommuniziert. 85 Prozent der Befragten haben keine spezielle Ausbildung für diesen Arbeitsbereich. Wenig überraschend ist die Selbsteinschätzung der pädagogischen Fach- und Methodenkompetenz bei dieser Gruppe niedriger als bei den anderen, auch wenn sich nach langjähriger Tätigkeit eine gewisse Routine und damit mehr Überzeugung von den eigenen Fähigkeiten einstellt. Die befragten Praxisanleiter beklagen sich über die Doppelbelastung, die sich aus ihrer Tätigkeit ergibt, für die sie im Normalfall nicht freigestellt oder zumindest zeitweise zeitlich entlastet werden.
Quelle: ÖKZ 11/2019 (Jahrgang 60), Schaffler Verlag