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Digitale Wege zum Personal

6. Mai 2021 | Michaela Endemann

Spitalsträger setzen vermehrt auf das Potenzial von datenbasierter Bedarfsplanung, hauseigener Website, Social-Media-Kanälen und Online-Bewerbungsgesprächen, um geeignete Mitarbeiter zu finden.

Die Suche nach geeigneten Mitarbeitern gleicht jener nach der Nadel im Heuhaufen. Nicht nur, weil sich die Arbeitswelt immer schneller dreht und die Ansprüche der Jobsuchenden steigen. Laut einer kürzlich durchgeführten Studie, an der im September und Oktober 2020 über 200 Führungskräfte teilnahmen, überwiegend aus den Bereichen Sozialwirtschaft, Gesundheitsdienstleistung und öffentliche Verwaltung, ist für über drei Viertel (77 Prozent) der Befragten in HR-Abteilungen geeignetes Personal schwieriger zu finden als vor zehn Jahren. 67 Prozent gehen sogar so weit, Mitarbeiter anzustellen, die vor einem Jahrzehnt noch abgelehnt worden wären. Besonders betroffen sind laut Studie die Berufsgruppen Heimhilfen, Pflegehilfen, diplomierte Krankenpflege und Sanitäter. 

 

Demographischer Wandel 

„Die Suche ist insbesondere in allen Berufsgruppen mit hoher Spezialisierung mühsamer, und da ist es egal, ob man Mitarbeitende für den ärztlichen, pflegerischen oder Verwaltungsbereich – IT, Technik, Lohnverrechnung, Controlling etc. – sucht“, sagt Sandra Grininger, Leiterin des Personalmanagements bei den Barmherzigen Brüdern Linz. „Wie alle anderen Arbeitgeber spüren wir zusätzlich auch noch den demographischen Wandel. Über intelligente, datenbasierte Personalbedarfsplanung versuchen wir daher, das Fach- und Spezialwissen möglichst zielgenau einzusetzen“, meint Andreas Stieger, Leiter des Personalmanagements der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft mbH. 

Dazu kommt: „Der Fachkräftemangel ist ein weiterhin sehr großes Thema. Durch die fortschreitende Digitalisierung haben Bewerber die Möglichkeit, sich in kurzer Zeit ein sehr breites Bild über den nationalen und internationalen Arbeitsmarkt zu machen. Wichtig ist es, den Bewerber vom eigenen Unternehmen zu überzeugen und die persönlichen Benefits hervorzuheben“, meint Florian Baumann, Ansprechpartner für das Recruiting an allen Standorten der SALK. 

Die Corona-Pandemie hat auch den Personalabteilungen einen Digitalisierungsschub beschert und so setzen nun auch Spitalsträger auf das Potenzial, die hauseigene Website, Social-Media-Kanäle sowie Online-Bewerbungsgespräche zu nutzen, um Personal zu suchen und letztendlich auch zu finden. Die eigene Website nutzen Eine Website gehört heutzutage dazu, und es ist naheliegend, auch offene Stellen darüber zu kommunizieren. So finden sich auf dem Karriereportal der Barmherzigen Brüder Linz Berufsinformationen, Vakanzen und Neubesetzungen. Auf der Seite der Vorarlberger KHBG werden unter dem Reiter „Ausbildung und Karriere“ ebenfalls freie Stellen gelistet und aktuelle Aktivitäten kommuniziert. „Wir sind seit Jahren intensiv mit Personalmarketingaktivitäten beschäftigt und haben eine sehr erfolgreiche Ärztekampagne lanciert. Außerdem werden wir in naher Zukunft eine eigens auf den Pflegebereich zugeschnittene Kampagne einführen“, erläutert Stieger. Die SALK warten zusätzlich mit der eigens gestalteten Landingpage für Pflegeberufe auf, auf der die Vielfalt des Pflegeberufs und der Alltag dargestellt werden. „Es finden sich Informationen über das Berufsbild der Pflege genauso wie Videos über den Alltag auf den Stationen“, so Baumann.

 

Social Media 

Schon 2013 sah Claus Hager, der damalige Leiter der Unternehmenskommunikation des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern in Linz, in der ÖKZ „eine Riesenchance in der Kommunikation einer Organisation über soziale Medien“. Seit damals hat sich viel getan. Gehörten die Barmherzigen Schwestern in Linz vor acht Jahren noch zu den ersten Gesundheitseinrichtungen auf Facebook, so sind mittlerweile wesentlich mehr Spitäler in sämtlichen sozialen Medien vertreten. Wie das bei Österreichs Ordensspitälern ist, wurde in einer Masterarbeit von Georg Handel untersucht. Das Ergebnis: Die 27 untersuchten Kliniken verwalten auf den „Social-Media-Plattformen Facebook, YouTube, Instagram, Twitter, LinkedIn und Xing in Summe 45 Profile. Dies entspricht einem Anteil von rund 28 Prozent bei 162 möglichen Social-Media-Auftritten. Bei detaillierter Betrachtung hat sich gezeigt, dass Facebook mit 18 Auftritten von österreichischen Ordenskrankenhäusern die meisten aller sozialen Plattformen verzeichnete, gefolgt von YouTube mit 16 von Ordensspitälern betriebenen Kanälen. Die Social-Media-Netzwerke Instagram (5), Twitter (1), LinkedIn (3) und Xing (2) wurden bis dato nur von wenigen Ordenskrankenhäusern verwendet.“[1]

Waren in den ersten Jahren die Patienten im Mittelpunkt des Contents für Social Media Posts, so konnte man in den letzten Jahren beobachten, dass Jobangebote tendenziell mehr werden. „Die professionelle Öffentlichkeitsarbeit in den neuen Medien verstärkt unsere Stellenausschreibungen“, so Grininger, und: „Unser Youtube-Channel und die Karriereplattform sind eng mit unserem FacebookAuftritt verbunden.“ 

„Wir nutzen Facebook, Instagram und Google. Der Vorteil ist, dass wir ein sehr gutes Zielgruppentargeting vornehmen und unsere Bewerberinnen und Bewerber zielgruppenspezifisch ansprechen können“, sagt Baumann. Mitarbeiter als Botschafter einsetzen, ein Credo guter Public Relations, wird bei allen von der ÖKZ befragten HR-Experten hochgehalten. In Linz etwa setzt man altbewährt auf „WOW – word of mouth“ – die Mitarbeiterempfehlung als wichtigstes Testimonial darüber, warum man gerade dort arbeiten solle. 

„Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren in den sozialen Netzwerken aus eigenem Antrieb heraus“, sagt Stieger. Auf den Facebook-Posts der SALK finden sich z.B. die Personen der Woche oder Neubesetzungen, um Mitarbeiter ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken und damit um neue Kolleginnen und Kollegen zu werben.

 

Digitales Erstgespräch 

In den Salzburger Landeskliniken bewerben sich etwa 4.500 Personen pro Jahr um die ausgeschriebenen Stellen. Etwa 1.500 bis 2.000 Gespräche finden dazu statt. Bis vor Kurzem persönlich und vor Ort. Seit fast einem Jahr bietet die SALK Online-Erstgespräche an. Mit Erfolg und mit einem Faktor, mit dem wohl niemand gerechnet hätte. Denn das Einzugsgebiet fürs Recruiting ist groß, es reicht von Wien bis Vorarlberg, aber auch aus Deutschland und anderen Ländern kommen viele Bewerber. 

„Wir hatten früher viele ‚No-Shows‘ bei Erstgesprächen, sei es, dass jemand keinen Urlaub bekommen hat oder die Anreise doch zu beschwerlich war. Das hat sich verändert, seitdem wir Online-Meetings anbieten. Kaum jemand sagt im Vorfeld der Gespräche ab. Dieser niederschwellige Zugang wird sehr gut angenommen“, sagt Baumann. Auch Gespräche aus dem Auto habe es aus Zeitgründen schon gegeben. „Trotz der Distanz kann man anders als erwartet schon recht gut einschätzen, ob die Bewerber zu uns passen.“ 

So sehe man an der Vorbereitung und Abhaltung des Online-Meetings auch, wie interessiert jemand sei. Dabei komme es genauso wie persönlich auf den ersten Eindruck an. Wie ist der Hintergrund gestaltet, stimmt die Bekleidung, ist es ruhig oder wird zwischen Tür und Angel gesprochen. Das alles zählt für Baumann zum ersten Online-Eindruck. „Die nachfolgenden persönlichen Kontakte sind natürlich weiterhin wichtig, aber wir sehen eine Win-Win-Situation und werden Online-Erstgespräche auch weiterhin anbieten“, so Baumann. 

 

Aus Sicht der Jobplattformen 

„In dieser herausfordernden Zeit verzeichnen wir einen deutlichen Anstieg von Einstiegs-Stellenangeboten im medizinischen Bereich auf unserer Jobplattform – ebenso steigen die Zugriffszahlen auf unsere Berufsbilder in den Bereichen Pflege und medizinische Berufe“, sagt Jubin Honarfar, CEO und Co-Founder einer großen österreichischen Onlineplattform für Berufseinsteiger. Im Bereich Medizin/Forschung/Pflege/Gesundheit finden sich 43 Berufsbilder. „Ich habe den Eindruck, dass wir bereits jetzt einen deutlichen Zugewinn im Ansehen dieser Berufe in den Augen von Berufseinsteigern erkennen können. Gerade jetzt spüren wir alle, wie sehr unsere Gesellschaft auf ein leistungsfähiges Gesundheitssystem mit vielen engagierten Menschen angewiesen ist, denn unser höchstes Gut wird immer die Gesundheit sein und bleiben“, sagt Honarfar. 180 Jobs in der Pflege seien derzeit offen. „Letztes Jahr um diese Zeit hatten wir in etwa 30 Prozent weniger offene Stellen in der Pflege auf unserer Plattform verzeichnet.“

 

Die Zukunft 

„Der Mangel an Fachkräften ist für uns eine der zentralen strategischen Herausforderungen, die wir nicht nur auf betrieblicher Ebene lösen können: Wir dürfen aber nicht nur den Akutbereich im Blick haben, wir müssen auch dafür Sorge tragen, dass auch der Langzeitbereich über ausreichend und gut ausgebildetes Personal verfügt“, meint Andreas Stieger. Baumann sieht in der Digitalisierung Vorteile, aber auch Herausforderungen: „Die Digitalisierung wird im Recruiting weiter Einzug halten – Stichwort weitere Prozessautomatisierungen, Künstliche Intelligenz oder Chatbots.“ 

Für Sandra Grininger wird „die Frage nach dem Sinn des – eigenen – Tuns öfter gestellt werden und hier können wir in allen unseren Einrichtungen eine sinnvolle und sinnstiftende Antwort geben. Diese Entwicklungen werden bei der Suche nach Mitarbeitenden zukünftig einen noch größeren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Branchen bringen.“

 

Literatur:

[1] Handel G (2020): Social Media Analyse Österreichischer Ordensspitäler. Institut für Informationswissenschaft und Wirtschaftsinformatik, Karl-Franzens-Universität Graz. Zugang: https://unipub. uni-graz.at/obvugrhs/content/titleinfo/4891282/full.pdf. Zugriff: 6.3.2020.

Quelle: ÖKZ 11/2020 (Jahrgang 61), Springer-Verlag

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