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Das stille und langsame Dahinsiechen der Primärversorgung scheint nunmehr beendet zu sein. Bis 2026 werden etwa 100 Mio. Euro aus dem EU-Aufbaufonds zur Förderung der Primärversorgungseinrichtungen (PVE) zur Verfügung gestellt, dem Gesundheitsministerium ist damit ein großer Erfolg und Durchbruch gelungen. Die Rückschau auf die vergangenen Jahre ist allerdings ernüchternd. Die beharrenden und strukturkonservativen Kräfte in Österreich sind weit stärker als die notwendigen innovativen Ideen und Ansätze. Die Zielvorgabe aus dem Jahr 2013 war, dass bis 2021 eine Anzahl von 75 PVE in Betrieb genommen sind. Diese Zielvorgabe war damals schon nicht besonders ambitioniert und man hat angenommen, dass diese niedrige Hürde leicht übersprungen werden kann. Weit gefehlt!
Derzeitiger Stand sind 28 PVE. Bei einem Blick auf die aktuellen Versorgungsnotwendigkeiten und die kommende Pensionierungswelle bei den Kassenärzten für Allgemeinmedizin ist es ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist keine Kritik an den wenigen bestehenden PVE, die sich gegen viele Widerstände behauptet haben und nunmehr Pionierarbeit leisten. Es ist eine Kritik an der Gesundheitspolitik, die es nicht geschafft hat, aus Eigenem und Innerösterreichischem diese inneren Widerstände zu überwinden. Aus welchem Eck hier der Wind bläst, ist allgemein bekannt und muss nicht besonders betont werden.
Wenn nunmehr durch Hilfe und Unterstützung aus dem EU-Bereich die entscheidenden Schritte zur Stärkung der Primärversorgung möglich sind, dann kann man sich nur bedanken und dies sehr begrüßen. In den kommenden Monaten werden die Details und Kriterien für die Förderung festgelegt und damit die Weichen gestellt, ob die Hoffnungen auf einen Durchbruch berechtigt sind.
Wesentlich ist, dass diese finanziellen Mittel zusätzlich und nicht aus den bestehenden österreichischen Budgets für den niedergelassenen Bereich kommen; damit ist ein großer bremsender Effekt weggefallen. Von Beginn an wird es ein erfolgskritischer Faktor sein, dass diese Förderungen zielgenau und vollständig ausschließlich zur Förderung der PVE eingesetzt werden. Die österreichische Vergangenheit lehrt, dass sich immer wieder Phänomene zeigen, wie plötzlich, wenn es um finanzielle Förderungen geht, kreative Modelle entstehen, die zwar das „Mascherl“ PVE tragen, aber inhaltlich diese Versorgungsvoraussetzungen nicht erfüllen. Da ist ein sehr genaues Abgrenzen und genaues Definieren gefragt. Um es noch deutlicher zu formulieren: Diese Mittel dürfen keinesfalls dafür verschwendet werden, um bestehende Einzelordinationen bzw. Gruppenpraxen zu fördern.
Die EU-Förderung ist ein zentraler Mosaikstein dafür, dass ein rascher struktureller Umbau in der Primärversorgung erfolgen kann.
Ein offensichtliches Hemmnis, dass der Schritt in die Primärversorgung mit großen wirtschaftlichen Risiken verbunden ist, wird damit zumindest teilweise entschärft. Zusätzlich werden aber noch weitere Maßnahmen notwendig sein. Das reicht von bürokratischen Verfahren zur Genehmigung von PVE, die wesentlich einfacher werden müssen, bis zu Maßnahmen, um die Begeisterung der jüngeren Generation der Ärzte und Ärztinnen anzufachen, diese Herausforderungen anzunehmen.
Letztlich muss es aber von allen Entscheidungsträgern ein Einsehen geben, dass alle Einrichtungen in der Primärversorgung eine einzige Hauptpriorität haben: die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung. Bessere Versorgungsformen, z.B. mit umfassenden multiprofessionellen Angeboten und wesentlich längeren Öffnungszeiten, müssen die weniger geeigneten ohne Rücksichtnahme auf standespolitische Forderungen rasch ersetzen.