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In Österreich werden vielfältigste Daten erhoben - und das von diversen Stellen, quer durch die Länder und zu verschiedensten Themen. Dass sich aber bei weitem nicht alles aus den Informationen ableiten lässt, was es zur Bewertung von komplexen Situationen braucht, hat die Covid-Pandemie gezeigt. Im Auftrag des Forschungsrates (RFTE) haben Experten das heimische Datenökosystem untersucht. Fazit: Es braucht eine "nationale Datenstrategie", mit deutlichem politischen Nachdruck.
Wollte man als Wissenschaftler, Politiker oder Journalist in der Pandemie etwa wissen, welche Bevölkerungsgruppen eigentlich am stärksten gefährdet sind, schwer an COVID-19 zu erkranken, konnte das hierzulande kaum gesichert beantwortet werden. Ebenso ging es etwa dem Bildungsministerium, als es darum ging herauszufinden, wie viele Pädagogen eigentlich COVID-19-Impfungen erhalten haben. Letztlich scheiterten belastbare Antworten auf vermeintlich auf der Hand liegende Fragen oft über lange Zeit hinweg an mangelnder Verfügbarkeit oder Verknüpfbarkeit von Daten oder rechtlichen Hürden, fragwürdigem Besitzdenken von Institutionen, mehr oder weniger berechtigten Datenschutzbedenken oder fehlendem technischen Know-how.
Im Auftrag des RFTE hat eine Gruppe renommierter Wissenschaftler und Experten wie Komplexitätsforscher Peter Klimek, Simulationsforscher Niki Popper, WU Wien-Experte Jesus Crespo Cuaresma, Statistik Austria-Direktor Tobias Thomas, Politikwissenschafterin Barbara Prainsack oder die Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny im Rahmen der "Future Operations"-Plattform an einem Positionspapier mit dem Titel "Datenexzellenz: Strategien für Österreich" mitgearbeitet, das einen am Gemeinwohl orientierten Ansatz umreißt. Der Forschungsrat formulierte darauf aufbauend eine Empfehlung.
Demnach braucht es einen "Kulturwandel" im Umgang mit Daten, die notwendigen personellen bzw. technischen Ressourcen dafür, den Aufbau von Qualifikationen zum kompetenten Managen eines komplexen, modernen Datenökosystem, einheitliche Standards, Rechts-, Datenschutz- und ethische Rahmenbedingungen, einen Überblick über alle Daten öffentlicher Stellen und "Data Stewards". Dahinter verbergen sich Personen, die sich in öffentlichen und privaten Organisationen mit Datennutzung beschäftigen. Im Zentrum der auch vom Forschungsrat geforderten Maßnahmen steht u.a. eine "zentrale Informationsstelle", für die Verwendung von Daten der öffentlichen Hand.
Eine solche muss im Rahmen des europäischen "Data Governance Act" (DGA) bis Ende September 2023 in Österreich eingerichtet werden. Viel Zeit sei also nicht mehr, wie der Ko-Autor des Positionspapiers, Michael Stampfer vom Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds WWTF, vor Journalisten erklärte. Man müsse hier dem Staat auf die Sprünge helfen, da noch "viel, viel Arbeit" zu erledigen sei, betonte Anton Graschopf vom RFTE.
Eine wichtige Stellung könne hier das vor wenigen Monaten gestartete "Austrian Micro Data Center" (AMDC) einnehmen, das ausgewiesen Forschungseinrichtungen erstmals Zugang zu umfassenden, anonymisierten Registerdaten erlaubt. "Eine nachhaltige und kosteneffiziente Möglichkeit zur Einrichtung einer unabhängigen, zentralen Informationsstelle stellt aus Sicht des Rates der Ausbau des AMDC unter dem Dach der Statistik Austria dar", heißt es in der Ratsempfehlung.
Genutzt werden soll so ein umfassend neues Datenumfeld bzw. eine "Datenlandkarte", um die "Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern" und notwendige gesellschaftspolitische Reformen auf Basis von wissenschaftlicher Evidenz in die Wege zu leiten - so die Vision. Dazu müsse das Thema aber politisch vorrangig behandelt werden, so eine Empfehlung.
Wer hierzulande will, "dass der Staat funktioniert, muss laut sprechen", so Stampfer. Würden die neuen digitalen Möglichkeiten nämlich nicht und nicht verantwortungsvoll genutzt, "entsteht Schaden". Das könne weit teuer werden als die notwendigen Investitionen in eine funktionierende Dateninfrastruktur, wie man an fehlgeleiteten Förderungen im Zuge der Pandemie deutlich sehen könne, so der Chef des WWTF:
Wir würden uns in Zukunft massiv Geld und Ärger sparen.
Zwar sei die Einrichtung eines "Staatssekretariats für Digitalisierung" ein wichtiges Signal gewesen. Eine dringend erforderliche nationale Datenstrategie für Österreich als strategische Leitplanke wurde aber bisher nicht umgesetzt, heißt es in den Empfehlungen.
Das Gremium empfiehlt daher, den Zugang zu Registerdaten der öffentlichen Hand in allen Bundesministerien zu ermöglichen und Datenlücken zu schließen, um evidenzbasierte Politik zu ermöglichen und zu unterstützen. Damit all das gelingen kann, benötige man eine Kommunikationsstrategie, bei der Chancen einer verbesserten Datennutzung hervorgehoben werden. Das soll beim Abbau von Ängsten helfen.
Den politischen Willen zu alldem sieht RFTE-Vorsitzende, Sylvia Schwaag Serger, mittlerweile als gegeben an, man müsse aber "schnell handeln". Dann biete sich die Chance, dass Österreich eine echte Vorreiterrolle einnimmt, anstatt - wie so oft - mühsam einen Aufholprozess zu starten, so die Innovationsexpertin.