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Die Gründungs- und Projektförderungen verleihen der Idee der Primärversorgungsprojekte den notwendigen Anschub. Seit September gelten bei den Förderrichtlinien einige Neuerungen. Explodierende Baukosten und eine schludrige ÖGK machen dies notwendig.
Die Nachfrage war hoch. „Wir hatten im Frühjahr eine Welle an Anträgen, die sich dann aber im Sommerloch verlief. Seit 1. September geht es wieder rund“, erzählt David Wachabauer. Er ist eHealth-Experte bei Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) und Leiter der Koordination für den Bereich Primärversorgung. Er war eingebunden in die Formulierung der Förderrichtlinien für neue und bestehende Primärversorgungszentren. Wachabauer kam das Sommerloch bei den Anträgen durchaus gelegen: „Nach den ersten Monaten zeigte sich, dass es einigen Nachbesserungsbedarf gibt.“ Die erstmals im Dezember 2021 erlassenen Förderrichtlinien wurden über den Sommer 2022 überarbeitet und an die Bedürfnisse der Praxis angepasst. Die nachgebesserten Förderrichtlinien wurden mit Wirkung 1. September 2022 erlassen.
Noch nie waren die finanziellen Umstände für Primärversorgungseinheiten so günstig wie derzeit. Die EU hatte vor zwei Jahren der Verwendung von 100 Millionen Euro aus dem Aufbau- und Resilienz-Fonds zur Unterstützung der heimischen Primärversorgung zugestimmt – ein Boost für die nachhaltige und umfassende Patientenversorgung im extramuralen Bereich. Die PVE-Förderungen bestehen aus zwei Programmen:
Typ A ist ausschließlich für PVE-Gründungen gedacht und übernimmt den Schwerpunkt des Gesamtprogrammes. Anträge für die Gründungsförderungen werden seit 1. Februar über die Webseite primaerversorgung.gv.at eingebracht. Operativ abgewickelt und geprüft werden die Eingaben vom aws. Das GÖG ist für die inhaltlichen Fragen der Förderungen zuständig.
Typ B richtet sich an die Betreiber bereits bestehender PV-Zentren oder PV-Netzwerke. Mit den Projektförderungen werden digitale Modernisierungen und ökologisch relevante Adaptierungen in den bereits bestehenden PVE angesprochen. Die zweite Schiene der Projektförderungen (Typ B) wurde mit 1. März gestartet.
Die wichtigste Neuerung in der „Weiterentwicklung der Förderungen für PVE“ – so der administrative Titel der Novellierung – ist die Erweiterung der Antragsfristen. Seit 1. September ist die Antragstellung für eine Gründungsförderung bereits vor Vorliegen einer Bescheinigung der ÖGK möglich. Die Bestätigung der ÖGK, mit der die Zustimmung zur PVZ-Gründung unterfertigt wird, kann auch bis zu sechs Monate nach Antragstellung nachgereicht werden.
Die neue Regelung ist von großer Tragweite: Es hatte sich nach den ersten Monaten des Frühjahrs gezeigt, dass die ÖGK mit der Vertragsbestätigung mitunter säumig war. Es dauerte oft mehrere Monate, bis nach Vertragseinigung die administrative Bestätigung auf den Tisch der aws gelegt werden konnte. Und da nur Maßnahmen gefördert werden, die ausdrücklich nach Antragstellung getätigt wurden (Anerkennungsstichtag), waren viele PVZ-Gründer gezwungen, mit dem Start ihrer Aktivitäten auf den Zettel der ÖGK zu warten. Dabei ging viel Zeit verloren. Mit der Einführung einer Nachreichfrist können Gründung und Antragstellung um bis zu sechs Monate beschleunigt werden.
Bei Gründungs- (Typ A) wie Projektförderung (Typ B) waren bis September nur die juristischen Betreibergesellschaften antragsberechtigt. Jetzt wurde der Kreis der Antragsberechtigten auf die sogenannten PVE-Besitzgesellschaften ausgedehnt. Denn viele PVE-Gründungen haben auf Anraten ihrer Steuerberater eine separate Errichtungsgesellschaft ins Leben gerufen, deren Zweck „die Errichtung, die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten sowie der Betriebs- und Geschäftsausstattung“ umfasst, wie es in den Förderrichtlinien heißt. Hintergrund ist die Absicht, die Finanzen für Errichtung und Infrastruktur von den Betriebskosten der OG zu trennen – was auch einige steuerliche Erleichterungen für die PVE-Betreiber mitsichbringt.
Die Kosten für Bauen und Errichtung sind in den vergangenen Monaten explodiert. Die Förderbank aws und GÖG kamen nicht umhin, dieser Entwicklung bei den Fördergrenzen Rechnung zu tragen. Im Zentrum des Förderkatalogs stehen Kosten für alle baulichen Maßnahmen, die betrieblich notwendig sind. Dazu gehören Investitionen für einen Neubau, Sanierungen, Umbauten bestehender Ordinationen oder Adaptierungen der Außenanlagen wie Parkplätze. Diese Maßnahmen wurden im alten Förderregime bis zu einer maximalen Höhe von 2,1 Millionen Euro netto mit 50 Prozent bezuschusst. Dabei darf der Quadratmeterpreis der Investitionen seit September die 5.000 Euro-netto-Grenze nicht überschreiten. In der Frühjahrsversion betrug die Obergrenze pro Quadratmeter noch 3.000 Euro.
Angehoben wurden auch die Höchstfördergrenzen für Rechts- und Gründungsberatung, soweit sie für die Gründung einer PVE erforderlich sind. Hier wurde der Maximalbetrag von 20.000 auf 40.000 Euro netto verdoppelt.
In der Richtlinienversion 1.0 musste pro Antrag eine Mindestfördersumme von 20.000 bzw. eine Zuschusssumme von 10.000 € eingehalten werden. Diese Untergrenze fällt in der Herbstversion 2022 der Förderrichtlinien weg.
Wer die „Weiterentwicklung“ der Richtlinien als Erweiterung der Förderungen versteht, irrt aber. Die Höchstgrenze der Zuschusssumme bleibt unverändert in Höhe von 1,6 Millionen Euro. Bei einem 50-prozentigen Fördersatz (50 Prozent aws:50 Prozent PVE) ergibt dies eine förderbare Projektsumme von 3,2 Millionen Euro. Die Anhebung der förderbaren Quadratmeterpreise auf 5.000 Euro bedeutet nur, dass man mit Staatshilfe etwas teurer bauen darf. Dafür muss das PVZ etwas kleiner werden – sofern man eine darüber hinausgehende Projektsumme nicht zur Gänze aus der eigenen Tasche investieren kann oder will.
Die Einreichungen nach Typ A und B müssen einen Kosten- und Finanzierungsplan beinhalten. Für Förderwerber mitunter verwirrend ist der verlangte „Nachweis der Preisangemessenheit“. Bei Anschaffungen im Volumen von höher als 100.000 Euro ist die Vorlage dreier Anbote notwendig. Bei einer Auftragssumme unter 100.000 Euro sind zwei Offerte ausreichend. Die aws akzeptiert den Zuschlag an das wirtschaftlichste Anbot und nicht ausschließlich an das billigste.
Sämtliche Unterstützungen werden erst nach ordnungsgemäßer Eröffnung der PVE ausbezahlt. Die Möglichkeit einer Akontozahlung aus dem Förderfonds in Höhe von 20.000 Euro beseitigt nicht das Problem, dass das Betreiberteam sämtliche Investitionen zur Gänze vorfinanzieren muss. Das bedeutet, dass die Abstimmung mit finanzierungsrelevanten Institutionen (Banken, Gemeinden, ÖGK, andere Förderinstanzen) detailliert geschehen muss. Das Engagement PVE-erfahrener Berater ist in der Regel das Investment wert – und wird gefördert.
Quelle: ÖKZ, 63. JG, 10/2022, Springer-Verlag.