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"Enormes Leid und enorme Kosten entstehen für die Bevölkerung durch therapieresistente Depressionen", erklärte die Psychiaterin Christa Rados Montag vor Journalisten in Wien. Mit über 20 anderen Experten fordert sie eine bessere Versorgung von Patienten mit dieser "verborgenen Volkskrankheit" in Österreich. Eine aktuelle Studie bezifferte erstmals die Kosten (337 Millionen Euro pro Jahr) und verlorenen gesunden Lebensjahre (9.787) durch therapieresistenten Depressionen.
In Österreich hatten rund 157.000 erwachsene Menschen im Jahr 2021 eine mittelgradige oder schwere Depression, so die Experten: Bei mehr als 14.000 davon konnte durch herkömmliche Arzneimittel und psychiatrische Therapie keine Verbesserung erzielt werden, man spricht dann von einer therapieresistenten Depression. Dadurch entstünden 113 Millionen EUR direkte Kosten, berichtete Christian Helmenstein vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung in Wien, und zwar unter anderem 69,7 Millionen EUR bei der stationären Behandlung, 21,6 Millionen an den Ambulanzen sowie 5,5 Millionen an Intensivstationen. Die Diagnosen machen zusätzlich 12,6 Millionen EUR aus. Wesentlich geringer als die Kosten an den Spitälern wären jene durch Arzneimittel, nämlich 3,5 Millionen. Jegliche Verbesserung bei der medikamentösen Behandlungen hätte demnach ein großes volkswirtschaftliches Einsparungspotenzial, so Martin Gleitsmann, der ebenfalls am Economica Institut arbeitet.
Die indirekten Kosten der therapieresistenten Depressionen in Österreich bezifferte die Studie von Helmenstein und Kollegen mit 224 Millionen EUR: Davon sind gut 64 Millionen, weil Menschen wegen therapieresistenter Depressionen oft vom am Arbeitsplatz fernbleiben müssen (Absentismus), über 81 Millionen, weil sie oft nur mit gesundheitlicher Beeinträchtigung arbeiten (Präsentismus), 51 Millionen wegen frühzeitigen Pensionierungen (reduzierte Erwerbsquote) und 27 Millionen wegen vorzeitiger Todesfälle.
Freilich entstehe dadurch auch menschliches Leid in Form von verlorenen gesunden Lebensjahren, und zwar laut den Berechnungen 7.923 wegen gesundheitlicher Einschränkungen durch die nicht behandelbaren Depressionen, und 1.864 aufgrund von frühzeitigem Tod in vielen Fällen.
Wir sehen ein großes diagnostisches und therapeutisches Defizit in Österreich, gegen das wir dringend angehen müssen. Wir gehen davon aus, dass bis zu 60% der Depressionen gar nicht behandelt werden.
Wie in vielen medizinischen Sparten gäbe es in der Psychiatrie einen akuten Fachärztemangel. In Österreich wären derzeit nur 1.707 Psychiater aktiv, und 341 Jungärzte in Ausbildung. Die meisten davon sind in Kliniken tätig, nur 150 Fachärzte für Psychiatrie mit eigener Praxis haben einen Kassenvertrag. "Damit ist die Versorgung in Österreich nicht bewältigbar", meint sie.
Neben besseren Zugangsmöglichkeiten zur psychiatrischen Versorgung bräuchte es auch eine Entstigmatisierung von Depressionen, meinte Michael Musalek, Psychiater und Neurologe von der Sigmund Freud Privat-Universität Wien.
Wir haben auch ein extremes Schwellenproblem, denn dies ist eine hoch stigmatisierende Erkrankung und es möchte kaum jemand als psychisch krank gelten.
Außerdem wäre der Zugang zu wirksamen Medikamenten für viele Menschen problematisch: "Manche davon sind nicht kassenfrei und somit nur Menschen zugänglich, die über entsprechende finanzielle Mittel verfügen", sagte er.
Die Experten erstellten mit mehr als 20 Kollegen im Rahmen eines Gesundheitsforums des Pharmaunternehmens Janssen einen Katalog von 25 Forderungen, um die Versorgung chronischer Depressionen in Österreich zu verbessern.
Doch auch auf die Angehörigen dürfe man nicht vergessen, und sollte deshalb etwa in die mobile Arbeit investieren. Um die Berufssituation für Betroffene zu verbessern, wäre etwa Wiedereingliederungsteilzeit sinnvoll.