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Mehr als 100 Jahre nach den Anfängen der Psychotherapie übersiedelt die Ausbildung an die Universitäten. Die Bundesregierung präsentierte heute eine umfangreiche Novelle des Psychotherapiegesetzes. Ab 2026 wird an den öffentlichen Universitäten ein Masterstudiengang mit jährlich 500 Studienplätzen geschaffen. Das ermöglicht einen breiteren und kostengünstigeren Zugang zur Ausbildung. Anschließend an das Masterstudium folgt eine praktische Phase mit Patient:innenkontakt und eine staatliche Approbationsprüfung. Ziel des Gesetzes ist eine deutliche Erhöhung des Angebots. Aktuell kann nur rund die Hälfte der Personen, die psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen möchte, auch tatsächlich behandelt werden. Die Gesetzesvorlage wurde heute in Begutachtung geschickt.
Jährlich ist ein Viertel der österreichischen Bevölkerung von psychischen Erkrankungen betroffen. 7 Prozent der Bevölkerung sind bereit, eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch zu nehmen. Von den derzeit tätigen Psychotherapeut:innen können derzeit aber nur 3,8% behandelt werden.
Um die psychosoziale Versorgung der Bevölkerung weiter zu verbessern, wird nun die Ausbildung grundlegend reformiert. Die Novelle zum Psychotherapiegesetz wurde am Donnerstag von Gesundheitsminister Johannes Rauch und Bildungsminister Martin Polaschek präsentiert und in Begutachtung geschickt. Die Novelle akademisiert die Ausbildung mehr als 30 Jahre nach Inkrafttreten des ersten Psychotherapiegesetzes. Die Psychotherapie war bisher der letzte hochrangig und eigenverantwortlich tätige Gesundheitsberuf ohne akademische Ausbildung.
Ab dem Wintersemester 2026 werden 500 Masterstudienplätze für Psychotherapie verfügbar sein. Diese sollen regional auf Österreich verteilt werden, um eine Psychotherapieausbildung ab 2026 an öffentlichen Universitäten flächendeckenden Zugang zu diesem Studium zu ermöglichen. Die Finanzierung wird im Universitätsgesetz verankert.
Das Masterstudium dauert vier Semester. Voraussetzung ist ein fachlich einschlägiges Vorstudium wie etwa Psychologie, Medizin oder Bildungswissenschaften. Anschließend an das Masterstudium wird die Ausbildung durch eine methodenspezifische Fachausbildung samt praktischer Phase mit Patient:innenkontakt, gefolgt von einer staatlichen Approbationsprüfung, abgeschlossen. Mit der Novelle werden auch die Voraussetzungen für eigene Bachelorstudien in Psychotherapie an öffentlichen Universitäten geschaffen.
Gesundheitsminister Johannes Rauch: "Für die Psychotherapie ist die Ausbildung an öffentlichen Universitäten nach mehr als 100 Jahren ein letzter Schritt zur breiten Anerkennung. Die psychische Gesundheit der Bevölkerung ist mindestens genauso wichtig wie die physische. Die Psychotherapie leistet dazu einen enorm wichtigen Beitrag. Um die psychosoziale Versorgung zu verbessern, brauchen wir noch mehr gut ausgebildete Fachkräfte. Mit der grundlegenden Reform wird die Psychotherapie-Ausbildung kostengünstiger. Wir ermöglichen es mehr motivierten Personen, diesen wichtigen Beruf zu ergreifen."
Bildungsminister Martin Polaschek: "Die psychische Gesundheit bildet das Fundament für ein gesundes und erfülltes Leben. Damit auch all jene die Unterstützung bekommen, die sie benötigen, reformieren wir die psychotherapeutische Ausbildung. Mit dem neuen Psychotherapiegesetz übernehmen wir als Bundesregierung, aber auch als Öffentlichkeit, die Verantwortung für die Ausbildung und Finanzierung der Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Eine Ausbildung, die bisher ausnahmslos privat zu finanzieren war und wofür bis zu mehrere Zehntausend Euro aufzubringen waren, wird an öffentliche Universitäten und damit in die Finanzierungslogik der Universitäten überführt. Damit werden uns in Österreich in Zukunft rund 500 zusätzliche Psychotherapeutinnen und -therapeuten zur Verfügung stehen."
Barbara Haid, Präsidentin Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie: "Mit dem neuen Psychotherapiegesetz erhält die hochqualifizierte Ausbildung der Psychotherapie nun auch die entsprechende universitäre Rahmung. Die Versorgung der österreichischen Bevölkerung wird durch die neu strukturierte Ausbildung mit dem dritten 4 Psychotherapieausbildung ab 2026 an öffentlichen Universitäten Ausbildungsabschnitt in Kliniken, Lehrpraxen und anderen Einrichtungen - ähnlich der Facharztausbildung - dauerhaft sichergestellt."
Damit Ausbildungsplätze durchgehend in der nötigen Anzahl zur Verfügung stehen, beinhaltet die Novelle lange Übergangsfristen. Das psychotherapeutische Propädeutikum aus einer bestehenden Ausbildung muss bis Ende September 2030 abgeschlossen sein, das Fachspezifikum muss bis 1. Oktober 2030 begonnen und bis spätestens Ende September 2038 beendet werden. Die Novelle schafft neben Rahmenbedingungen für die psychotherapeutische Ausbildung auch gesetzliche Regelungen für Online-Therapie, welche insbesondere seit der Pandemie von Patientinnen und Patienten in Anspruch genommen wird.