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Das Forschungsprojekt "Village" möchte Kinder von Eltern mit psychischer Erkrankung unterstützen. Die abgeschlossene Kooperation der Ludwig Boltzmann Gesellschaft mit der Medizinischen Universität Innsbruck wurde nun in der aktuellen August-Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Mental Health" vorgestellt.
Kinder, die mit Eltern mit psychischer Erkrankung aufwachsen, übernehmen oft viel Verantwortung und sind selbst belastet. Die Forschungsgruppe "Village - How to raise the village to raise the child" entwickelte mit Förderung der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) und der Medizinischen Universität Innsbruck sowie unter Einbindung von Betroffenen und zahlreichen Organisationen ein Vorsorgeprogramm für betroffene Familien in Tirol. Das erfolgreich abgeschlossene Projekt wurde nun im renommierten Fachmagazin "Nature Mental Health" publiziert.
Im Jahr 2019 litten weltweit etwa 970 Millionen Menschen an einer psychischen Störung. Somit war circa jeder achte Mensch von einer psychischen Erkrankung betroffen.
Psychische Störungen betreffen nicht nur einzelne Personen, sondern haben auch Einfluss auf das soziale Umfeld. Kinder von Eltern mit psychischer Erkrankung haben ein erhöhtes Risiko, selbst psychische Störungen zu entwickeln - ein Phänomen, das als "transgenerationale Transmission" bekannt ist. Obwohl die genauen Mechanismen unklar sind, gibt es Hinweise darauf, dass sowohl genetische als auch beeinflussbare Faktoren wie die Stimmung der Eltern und das Umfeld eine Rolle spielen.
"Um die transgenerationale Weitergabe von psychischen Störungen zu unterbrechen, müssen wir betroffene Kinder frühzeitig und sensibel erkennen und uns dann auf die Faktoren konzentrieren, die veränderbar sowie mit einer positiven Entwicklung verbunden sind", erklärt Dr. Jean Paul, Projektleiterin der Forschungsgruppe Village an der Medizinischen Universität Innsbruck. "Frühe Interventionen, besonders in den ersten Lebensjahren, haben das größte Potenzial, die Weitergabe von psychischen Erkrankungen von einer Generation zur nächsten zu verringern."
In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Mental Health" wird dieses bislang noch wenig erforschte Feld näher beleuchtet. In der Publikation wurden neben dem Projekt "Village" drei weitere europäische Projekte vorgestellt, die sich mit der psychischen Gesundheit von Familien befassen. Gemeinsames Ziel ist es, die gewonnenen Erkenntnisse zusammenzufassen und sie der Öffentlichkeit sowie der Forschungsgemeinschaft zugänglich zu machen.
Die Forschungsgruppe "Village" wurde von der LBG und der Medizinischen Universität Innsbruck mit drei Millionen Euro gefördert und zielt auf die Wahrnehmung und Stärkung formeller und informeller Unterstützung für Kinder und Jugendliche ab, deren Eltern psychisch erkrankt sind. Unterstützende Maßnahmen wurden in gemeinsamen Ansätzen mit Stakeholdern entwickelt, in bestehende Netzwerke implementiert und anschließend evaluiert. Dabei stellten sie die direkte Beteiligung von Betroffenen in den Mittelpunkt der Forschung.
Die Evaluierung der entwickelten Maßnahmen basierte auf einem "Realist Framework" unter Anwendung verschiedener empirischer Methoden, wie zum Beispiel Literaturrecherchen, Fragebögen, Fokusgruppen, Interviews, statistische Analysen und teilnehmende Beobachtung. Insgesamt wurden im Verlauf des Projekts 96 Familien zugewiesen, von denen 30 das Programm mit vorangehender und abschließender Befragung absolvierten. Das Projekt startete 2018 und wurde 2022 erfolgreich abgeschlossen.
"Die Beteiligung Betroffener und der Gesellschaft ist von entscheidender Bedeutung. Durch die Zusammenarbeit verschiedener Akteure und Einbeziehung unterschiedlicher Perspektiven erhalten wir ein Gesamtbild, welches enorm wichtig für die Forschung ist", so Elvira Welzig, Geschäftsführerin der LBG. "Dieser Reality Check zeigt, wo am wissenschaftlich ausgearbeiteten Programm noch Schrauben gedreht werden müssen, damit es alltagstauglich und den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht wird."
Die bereits vor Programmbeginn erhobenen Daten gaben Hinweise auf eine erhebliche Belastung der befragten Kinder und Eltern, was beispielsweise den Gesundheitszustand, Stigmatisierung und übermäßige Verantwortung im Haushalt betrifft. Nach Programmende zeigten sich Verbesserungen bei Kindern und Eltern hinsichtlich des Gesundheitszustandes, Wissen und Kommunikation über psychische Krankheit innerhalb und außerhalb der Familie. Ebenso verbesserten sich die Eltern-Kind-Beziehung und die Bereitschaft der Eltern, Unterstützung anzunehmen.
Das Ausmaß der Stigmatisierung und die Bewertung der Lebensqualität änderten sich jedoch kaum. Bereits die zu Projektbeginn angestellten Analysen ergaben, dass in Tirol ein hohes Maß an gesellschaftlicher Stigmatisierung besteht. Dieses Ergebnis zeigt sich auch bei den drei anderen europäischen Forschungsgruppen.
"Das Stigma, das die psychische Gesundheit nach wie vor in vielen Bereichen umgibt, unter anderem am Arbeitsplatz und in der Schule, schränkt nicht nur den alltäglichen Zugang zu der wichtigen Versorgung ein, sondern stellt auch ein großes Hindernis für die Kommunikation zwischen Betroffenen, den Familien und entsprechenden Hilfsstellen dar", so Dr. Paul. "Alle vier europäischen Forschungsprojekte zeigen, dass dieselben Hindernisse in allen Ländern bestehen. Ein internationales Netzwerk ist notwendig, um diese Herausforderungen gemeinsam anzugehen und präventive, niedrigschwellige Programme zu entwickeln."
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