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Jährlich erhalten in Österreich rund 40.000 Menschen eine Krebsdiagnose. Doch viel zu oft erfolgt das viel zu spät und erst in einem unheilbaren Spätstadium. Bei Brustkrebs und Dickdarmkrebs nehmen viel zu wenige Menschen an den Früherkennungsuntersuchungen teil. In der Lungenkarzinom-Früherkennung ist Österreich im Vergleich zu anderen Ländern seit Jahren säumig, erklärten am Mittwoch Experten bei den Praevenire Gesundheitstagen in Eisenstadt.
Die moderne Medizin feiert gerade bei den Karzinomerkrankungen seit Jahren ständig Erfolge. Der Wiener Chirurg und Präsident der österreichischen Brust- und Darmkrebs-Studiengruppe (ABCSG) Michael Gnant: "Die gute Nachricht: Wir sind beim Brustkrebs ziemlich gut geworden." 95% der Frauen mit dieser Diagnose leben nach einem Jahr, 90%nach drei Jahren, 80%nach zehn Jahren. "Die Brustkrebssterblichkeit ist in den vergangenen 25 Jahren um ein Drittel gesunken."
Doch auch hier wären in Österreich Verbesserungen möglich. "Wir haben ein wunderbares Brustkrebs-Früherkennungsprogramm. Aber keiner geht hin. Nur 41 Prozent der (zur Mammografie; Anm.) eingeladenen Frauen nehmen das wahr. In den skandinavischen Ländern sind es 80 Prozent", kritisierte die Bundesleiterin der ÖVP-Frauen, Juliane Bogner-Strauss.
Im Burgenland wurde bereits vor vielen Jahren ein Dickdarmkrebs-Früherkennungs- und Vorsorgeprogramm etabliert. Doch bei den jährlichen Gratis-FIT-Stuhltests (Untersuchung auf Blut im Stuhl als Warnsignal; Anm.) betrug bisher die Rücklaufquote nur 36%. Trotzdem zeigte sich, dass man bei Darmspiegelungen nach FIT-Test-Verdacht deutlich mehr Karzinome auffinden kann.
Weiterhin werden aber in Österreich die meisten Darmkrebs-Diagnosen viel zu spät gestellt. Statt bei breiter Beteiligung der Bevölkerung an der Koloskopie-Vorsorgeuntersuchung ab dem Alter von 45 Jahren alle zehn Jahre durch Entfernung von verdächtigen und noch gutartigen Darmpolypen Krebs überhaupt zu verhindern, stellt sich die Sachlage ganz anders dar. Die Wiener Expertin Katayoun Tonninger-Bahadori (Ärztekammer Wien): "Wir haben Koloskopie-Früherkennungs-Teilnahmeraten von 16 bis 33 Prozent. Zwischen 2017 und 2019 erfolgten in Österreich 60% der Darmkrebsdiagnosen erst in den Stadien III und IV." Dann ist eine heilende Behandlung zumeist nicht mehr möglich.
Immer mehr zu einem Skandal wächst sich in Österreich die Situation rund um den Killerkrebs Lungenkarzinom aus. Vor rund 20 Jahren zeigte eine erste große US-Studie, dass man mit einer jährlichen Low-Dose-Computertomografie unter langjährigen starken Rauchern durch frühere Erkennung von Bronchuskarzinomen die Sterblichkeit um 20% senken kann.
Der Wiener Pneumologe Arschang Valipour (Klinik Floridsdorf): "Eine solche Low-Dose-CT-Früherkennungsuntersuchung dauert zehn Sekunden. Mittlerweile konnte mit solchen Programmen bei den Betroffenen die Gesamtmortalität (alle Ursachen; Anm.) bereits um 48% und die Lungenkrebs-Sterblichkeit um 45% gesenkt werden."
27% der Betroffenen erhalten diese Diagnose im Stadium III und mit sehr beschränkten Heilungsaussichten. Nur ein Viertel der Patienten hat das Glück - oft nur durch Zufall im Rahmen einer CT-Untersuchung mit anderem Grund -, mit einer Diagnose in den Stadien I und II gute Chancen auf Wiedergewinnung der Gesundheit zu bekommen.
Dabei würde sich eine Verschiebung des Anteils der Lungenkarzinom-Diagnosen vom Spätstadium in die Phasen mit Heilungschancen auch wirtschaftlich extrem gut "rechnen", abseits von Todesfällen und Leid. Eine belgische Studie hat die Behandlungskosten für einen Lungenkarzinom-Patienten im Stadium IV für ein Jahr mit rund 88.000 Euro berechnet. Im Stadium I lagen sie mit kurativem Behandlungsansatz für ein Jahr bei 11.400 Euro.