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Martin Halla: „Keiner will seine Daten hergeben“

16. Juni 2023 | Josef Ruhaltinger
Martin Halla, ab 1.10.2023 Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, Forschungsgebiet: Angewandte Mikroökonometrie in den Bereichen Arbeit,
Martin Halla, ab 1.10.2023 Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien, Forschungsgebiet: Angewandte Mikroökonometrie in den Bereichen Arbeit,

Martin Halla, Professor für Volkswirtschaftslehre, erklärt, warum das österreichweite Zusammenführen der Daten Sinn machen würde und wie das gelingen kann.


Herr Halla, ein Klinik-Vorstand formulierte in einem Interview den Satz „Wir schützen unsere Daten besser als unser Leben“. Stimmt das?

Martin Halla: Ich glaube ja. Unser Sozialversicherungssystem produziert jeden Tag Verrechnungsdaten. Forschungen belegen, dass man aus diesen buchhalterischen Daten sehr viel über die Effizienz unseres Gesundheitssystems lernen kann. Dabei gibt es aber das altbekannte Problem, dass die Informationen über die Bundesländer und verschiedene Institutionen verstreut sind. Wir kommen nicht an diese Daten. Gäbe es einen politischen Willen, könnte man diese Daten zusammenführen und zum Wohle der Patienten und Patientinnen einsetzen. Tut man aber nicht.

Was sind für Forscher die begehrtesten Datensätze im Gesundheitsbereich?

Das kommt auf das Forschungsgebiet an. Aber das Mutterschiff der österreichischen Gesundheitsdaten liegt beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger bzw. bei der Österreichischen Gesundheitskasse vor Anker. Da haben Forscher kaum Zugriff. Es gibt immer eine Interessengruppe, die sich nicht in die Karten schauen lassen will.

Worum geht es Ihnen?

Ich will auf keinen Fall den gläsernen Patienten. Ich will etwas über Durchschnitte lernen, über Gesamtheiten, über Auswirkungen. Haben Vorsorgeuntersuchungen einen Sinn? Ist das Mutter-Kind-Pass-Programm wirksam? Wie ist es nützlich? Für wen ist es nützlich? Das sind alles Fragen, die wir beantworten könnten, wenn wir Zugang zu diesen Daten hätten. Es ist frustrierend zu wissen, dass es diese Informationen gibt, aber wir sie nicht nutzen dürfen. Die Arbeitsmarktstatistik zeigt uns, welche gesellschaftspolitisch relevanten Schlüsse man mit einer offenen Datenpolitik gewinnen kann.

Das müssen Sie erklären?

Am österreichischen Arbeitsmarkt gibt es mit dem AMS einen großen Akteur, bei dem alle relevanten Daten konzentriert sind. Dieser Datenschatz ist so einzigartig, dass Nobelpreisträger und Forscher aus der ganzen Welt zum österreichischen Arbeitsmarkt arbeiten. Das ist für Österreich ein unheimlicher Gewinn.

Wie müssten die Daten zur Verfügung gestellt werden, damit die Forschungs­community damit arbeiten kann?

Der einfachste Weg ist, die Daten im Austria Micro Data Center zu sammeln, das bei der Statistik Austria angesiedelt ist. Es gibt einen gesetzlichen Rahmen, durch den jeder Minister per einfacher Vorordnung plus Zustimmung des Wissenschaftsministers Daten aus Bundesregistern zur Verfügung stellen kann. Jetzt haben wir wieder die Diskussion, welche Daten da hineinfallen. Diese juristischen Nebelaktionen interessieren mich nicht. Aber wir könnten am AMDC unter rechtlich gesicherten Bedingungen die Daten analysieren und mit anderen Bereichen vernetzen. Auch das ist kompliziert, aber ein Anfang. Und wir hätten einen unheimlichen Gewinn für unser Gesundheitssystem erzielt.

 

Sie sind auch einer der Sprecher für die „Plattform Registerforschung“. Anfang Mai wurde in einem ersten Begutachtungsentwurf zur Novelle des Gesundheitstelematik- und Epidemiegesetzes die Nutzung der Daten für die wissenschaftliche Forschung explizit ausgeschlossen. Nach dem Protest Ihrer Plattform wurde das Forschungsverbot aus dem Entwurf binnen Stunden rausgestrichen. Trotz des Rückziehers: Wer kommt auf die Idee, Datenforschung zum Wohle der Allgemeinheit ausdrücklich zu verbieten?

Ich kann nur mutmaßen. Wenn es keine Daten gibt, kann niemand nachvollziehen, ob Politik und deren Institutionen funktionieren oder nicht. Keiner will seine Daten hergeben, weil sich niemand gerne evaluieren lässt. Und wir landen thematisch wieder bei den vielen Interessengruppen im Gesundheitssektor, die oft sehr gut darin sind, ihren Bereich nicht zu transparent werden zu lassen.

Quelle: ÖKZ, 64. JG, 6-7/2023, Springer-Verlag.

Martin Halla

(Jahrgang 1980) ist aktuell noch Professor für Volkswirtschaftslehre an der Johannes Kepler Universität Linz. Er tritt ab 1. Oktober eine Professur an der WU Wien an. Sein primäres Forschungsgebiet ist die angewandte Mikroökonometrie in den Bereichen Arbeit, Familie und Gesundheit. Mithilfe von umfangreichen Datensätzen und mikroökonometrischen Methoden versucht er die Effekte von staatlichen Interventionen zu identifizieren und zu quantifizieren.

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