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Johannes Rauch: „Die Patientendaten müssen zentral verfügbar sein“

16. Mai 2023 | Josef Ruhaltinger
Gesundheitsminister Johannes Rauch - Credits_Kurt Keinrath
Gesundheitsminister Johannes Rauch - Credits_Kurt Keinrath

Gesundheitsminister Johannes Rauch erklärt im Interview, wie er das österreichische Gesundheitssystem fit für die Zukunft machen möchte und warum dies dringend notwendig sei.

 

Herr Rauch, wie lange braucht man, um Mechanismen und Zusammenhänge des heimischen Gesundheitssystems zu verstehen?


Johannes Rauch: "Sobald man die erste Sitzung der Bundeszielsteuerungskommission geleitet hat, versteht man, wie komplex die Linien verlaufen, auch entlang der Finanzierungsgräben."
 

Wo liegen Ihre Schwerpunkte bei den Gesprächen zum Finanzausgleich?

"Wir haben im ambulanten Bereich einen Trend in die Spitalsambulanzen, und wir haben eine Entwicklung zu mehr Wahlarztpraxen, weil es im Kassenbereich kein ausreichendes oder ein falsches Angebot gibt. Das Berufsbild des Arztes und der Ärztin muss gekräftigt werden, deren Arbeitsbedingungen gilt es zu verbessern und die Primärversorgung muss ausgebaut werden – und zwar parallel zum traditionellen Ordinationssystem. Wenn es nicht gelingt, den niedergelassenen Bereich zu stärken, dann kann ich Geld in den spitalsambulanten Bereich hineinschütten, so viel ich will – das wird nichts nützen."
 

Werden traditionelle Gemeindeärzte oder -ärztinnen mit Einzelordination auch in Zukunft den Hauptpfeiler des niedergelassenen Vertragssystems darstellen?

"Wir werden in Stadt und Land unterschiedliche Entwicklungen erleben. Ich bin sicher, dass am Land neue Ordinationsformen prägend werden, und damit meine ich nicht nur eine Entwicklung hin zur Primärversorgungseinrichtung. Es wird zusätzliche Formen der kooperativen Ordinationen geben. Es kann durchaus sein, dass sich zwei Ärzte mit Kassenvertrag zusammentun und gemeinsam jemanden beschäftigen, der die administrative Arbeit macht. Diese Ordinationen werden sich auch Unterstützung im Bereich der sozialen Arbeit oder in der Pflege suchen. Dadurch werden die Vertragsordinationen ihr Leistungsspektrum erweitern, durch die Zusammenarbeit der Mediziner lastet die Verantwortung aber nicht mehr nur auf einer Schulter. Die Zukunft liegt in der Kooperation und dem multidisziplinären Zugang. Es können Ärztinnen, Ärzte nicht mehr alles allein leisten."
 

Werden Sie die Voraussetzungen schaffen, Gesundheitsdaten für eine elektronische Patientenakte verfügbar zu machen?

"Das ist meine Absicht. Digital-Staatssekretär Florian Tursky ist dabei ein Verbündeter. Um ELGA zu stärken, müssen die Patientendaten zentral verfügbar sein. Dass diese Vorgänge dem Datenschutz entsprechen müssen, versteht sich von selbst. Ich als Patient muss Herr meiner Daten bleiben. Wenn ich nicht will, dass meine Daten verarbeitet werden, habe ich eine Opt-out-Option. Das muss bleiben. Aber es ist beim heutigen Stand der Technik ein Unding, wenn stapelweise Röntgenbilder und Befunde von einer Ordination in die nächste herumgetragen werden. Wie soll ich in Österreich Gesundheitspolitik machen, wenn ich nicht weiß, wer mit welcher Erkrankung im Spital liegt, mit welchen Leiden die Österreicherinnen und Österreicher zu ihrem Hausarzt kommen und wo welche Fallzahlen auftreten. Dieser Blindflug ist ein unhaltbarer Zustand."
 

Wird es dazu ein eigenes Gesetz geben?

"Das werden wir schon brauchen. Ob das eHealth-Gesetz heißt oder sonst wie, ist mir egal. Aber wir werden den Akteuren vorgeben, dass sie die Daten verfügbar machen müssen."


Wann packen Sie das an?

Heuer. Ganz sicher.


Die Medikamentenknappheit spitzt sich immer stärker zu. Eine Begründung dafür ist, dass das österreichische Gesundheitssystem zu wenig zahle, um von den Herstellern und Händlern vorrangig beliefert zu werden. Haben Sie den Eindruck, dass uns die Pharmaindustrie erpresst?

"Das Preisniveau für Medikamente bewegt sich in Österreich im europäischen Mittelfeld. Wir sind bei den Generika, dem weitaus überwiegenden Arzneien-Segment, um 20 % über dem deutschen Niveau. Das Problem liegt woanders: Wir haben bei einzelnen Wirkstoffen eine Abhängigkeit von 90 % bei zwei chinesischen Herstellern. Das vorrangige Thema wird daher lauten, europäische Standorte zu sichern oder wiederzubeleben, also Produktion wieder nach Europa zu bekommen. Das müssen wir auf EU-Ebene anpacken. Kurzfristig werden wir uns gegen temporäre Verknappungen rüsten müssen, soweit dies geht."


In einem Interview haben Sie unterstrichen, dass Sie bis Ende des Jahres 2023 die Versorgung Österreichs mit grundlegenden Medikamenten gesichert wissen wollen. Werden Sie die Lagerpflicht von 14 Tagen erhöhen?

"Einen derartigen Mangel an wichtigen Medikamentenklassen wie heuer darf es nicht mehr geben. Wir hatten mit Covid-19, den respiratorischen Erkrankungen und mit den RSV-Problemen gleichzeitig zu kämpfen. Es ist schlicht und einfach zu wenig bestellt und produziert worden. Ich gehe davon aus: Im Herbst wird die Bevorratung bei diesen Medikamenten sichergestellt sein."


Noch einmal nachgefasst: Wird sich das gesetzlich vorgeschriebene Bevorratungs-Limit von 14 Tagen in Spitälern verlängern?

"Mir geht es da vor allem um den niedergelassenen Bereich. Daran wird gearbeitet und es gibt die Zusage, dass heuer im Herbst die Lagerhaltung eine andere sein wird. Ich will dazu aber öffentlich keine Fristen setzen."

Thema Pflege: Was hat die Pflegereform des vorigen Frühjahres bewirkt?

"Ja, es hat sich was verändert. Die Ausbildungssituation hat sich verbessert. Die 1.400 Euro für Umsteiger:innen, die aus einem anderen Beruf in die Pflege wechseln, zeigen Wirkung. Der Ausbildungsbonus von 600 Euro macht den Entschluss zum Berufseinstieg offensichtlich auch einfacher. Und die ursprünglich auf zwei Jahre limitierten Gehaltserhöhungen für das Pflegepersonal werden wir fixieren. Im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen werden wir sicherstellen, dass die 570 Millionen an Lohnzuschuss erhalten bleiben."


Hand aufs Herz: Werden wir mit diesen Maßnahmen bis 2030 die verlangten 75.000 zusätzlichen Pflegekräfte mobilisieren?

"Nein. Wir werden ohne qualifizierte Anwerbung von Personal aus dem Ausland nicht das Auslangen finden. Und ich sage das mit Deutlichkeit. Egal wo. Wir werden auch Anpassungen bei Arbeitszugang und den Nostrifizierungen machen müssen. Sonst geht sich das im Pflegebereich hinten und vorne nicht aus. Ohne qualifizierte Anwerbung von Personal aus dem Ausland werden wir nicht auskommen."

Quelle: ÖKZ, 64. JG, 5/2022, Springer-Verlag.

Johannes Rauch

wurde 1959 als eines von fünf Geschwistern in Rankweil, Vorarlberg geboren. Nach Bankkaufmann-Lehre und Diplom für Sozialarbeit arbeitete Rauch als Geschäfts­führer der Arbeitsinitiative für den Bezirk Feldkirch (ABF). 2014 rückte der Grüne-Landtags-Klubobmann zum Landesrat für Umwelt und Klimaschutz auf. Am 3. März 2022 wurde Rauch als Gesundheits- und Sozialminister vereidigt.

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