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Neue Regeln der Kardiologen sollen das Leben von Millionen Europäern mit Bluthochdruck verändern. Als erhöhter Blutdruck gelten in Zukunft zum Beispiel schon Werte ab 120 mmHg systolisch. Auch die Zielwerte bei medikamentöser Therapie rutschen nach unten. Das gab die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) mit ihren neuen Leitlinien beim ESC-Jahreskongress in London (30. August bis 2. September) bekannt.
Rund 45% der Erwachsenen in Europa leiden an einer Hypertonie. Der Bluthochdruck ist der bedeutendste Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.
"Das ist definiert als ein Blutdruck von 120 bis 139 mmHg (systolisch) zu 70 bis 89 mmHg (diastolisch). Diese neue Kategorie wurde geschaffen, um zum früheren Überlegen einer intensiveren Blutdruckbehandlung bei Menschen mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko zu führen", hieß es in einer Aussendung der größten medizinischen Fachgesellschaft Europas.
"Diese neue Kategorie soll zeigen, dass die Menschen nicht über Nacht von einem 'normalen' Blutdruck zu einer Hypertonie wechseln. In den meisten Fällen ist das ein langsamer Übergang. Manche Personengruppen, zum Beispiel jene mit einem höheren Risiko für das Entstehen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (z.B. Diabetiker), könnten schon von einer intensiven Behandlung profitieren, bevor sie die traditionelle Grenze zur Hypertonie (140/90 mmHg; Anm.) erreichen", wurde Bill McEvoy von der Universität von Galway in Irland, einer der Vorsitzenden des Leitlinien-Expertenkomitees, zitiert. Co-Autor Rhian Touyz von der McGill Universität (Kanada) ergänzte: "Die Gefahren, die mit einem erhöhten Blutdruck einher gehen, beginnen schon bei Werten von 120 mmHg (systolisch)."
Damit existiert in den europäischen Hypertonie-Leitlinien nun mit der neuen Kategorie des "erhöhten Blutdrucks" (120 bis 139 mmHg/systolisch) zu 70 bis 89 mmHg/diastolisch) ein breiter Bereich unterhalb der gleich bleibenden eigentlichen Bluthochdruck-Definition (mehr als 140/90 mmHg), in dem bereits eine Behandlung überlegt kann bzw. überlegt werden sollte. Dies soll vermehrt zu früherem Behandlungsstart führen.
Ganz wesentlich ist aber auch noch eine zweite Änderung in den ESC-Empfehlungen, so die Fachgesellschaft: "Die aktualisierten Leitlinien etablieren auch einen neuen Zielwert für die medikamentöse Bluthochdruck-Behandlung von 120 bis 129 mmHg systolisch für die meisten Betroffenen. Das unterstreicht die Bedeutung einer intensiven Therapie gleich als ersten Schritt (...)." Ausgenommen wären Patienten, die eine Therapie mit diesen Zielwerten nicht vertragen oder andere Umstände dagegen sprechen.
Dieser neue systolische Zielwert ist ein Paradigmenwechsel, wie die ESC feststellte. Bisher galt generell ein erster Zielwert unter medikamentöser Behandlung von zumindest weniger als 140/90 mmHg. In einem zweiten Schritt sollten dann Pegel von weniger als 130/80 mmHg erreicht werden.
"Diese Änderung kommt nach Studienergebnissen, wonach eine intensivere Blutdruckbehandlung mit besseren Ergebnissen zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen über ein breites Spektrum von Patienten einher geht", sagte McEvoy.
Es gibt Daten, wonach in Österreich nur rund die Hälfte der von Bluthochdruck Betroffenen gar nichts von ihrer Erkrankung weiß. Weiters dürften nur 30 bis 40% der Patienten schließlich einen Blutdruck mit den empfohlenen Werten erreichen.