Mit der Ankündigung bis 2025 einen europäischen Gesundheitsdatenraum zu schaffen, erhöht die Europäische Union den Digitalisierungsdruck auf die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten.
Ziel der Initiative ist es, die nationalen Gesundheitssysteme durch den sicheren und effizienten Austausch von Gesundheitsdaten stärker miteinander zu verbinden. Dazu sollen die Daten von Befunden, Bilder, Untersuchungs- oder Entlassungsberichte der Patientinnen und Patienten in einem gemeinsamen europäischen Format erstellt werden. Interoperabilität und Sicherheit sollen damit zu verbindlichen Anforderungen werden. Software, die klinische Informationen bereits durch semantische Standardisierung wie CDM+ und snomed CT international verarbeitet, setzt an diesem Punkt bereits an.
Um sicherzustellen, dass die Rechte der Bürger:innen gewahrt bleiben, müssen alle Mitgliedstaaten digitale Gesundheitsbehörden benennen. Diese Behörden werden sich an der grenzüberschreitenden digitalen Infrastruktur (MyHealth@EU) beteiligen. Zudem erhalten Patientinnen und Patienten – wie in anderen europäischen Staaten schon gängige Praxis – das Recht zu erfahren, wer aus welchem Grund auf die Daten zugegriffen hat. Damit erlangen sie die Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten. Ein Quantensprung im Kontext der Patientensouveränität.
Was bringt der europäische Gesundheitsraum?
Die Vorteile eines europäischen Gesundheitsraums liegen klar auf der Hand. Die Patientenreise macht damit nicht mehr an Landesgrenzen Halt. Patientinnen und Patienten können mit dem europäischen Gesundheitsraum ihre Krankengeschichte, Testergebnisse oder Verschreibungen mit Krankenhäusern sowie Ärztinnen und Ärzten in der gesamten EU teilen. Damit gilt, was durch die Vorteile der Digitalisierung bereits innerstaatlich durch die Telematikinfrastruktur gefördert wird, auch EU weit. Ein Arzt in Italien könnte die Krankengeschichte eines Franzosen einsehen, der in Rom krank wird, und die richtigen Medikamente verschreiben. Doppeluntersuchungen werden vermieden. Hier muss durch Interoperabilität und Standard dafür gesorgt werden, dass Information „verlustfrei“ über Landes- und Sprachgrenzen hinweg ankommt.
Weitere Benefits
Für Gesundheitsprofis aus Wissenschaft, Forschung und dem E-Health-Bereich wäre der europäische Gesundheitsdatenraum ein kostbares Gut, können damit die forschenden Unternehmen auf Datenbestände datenschutzkonform zugreifen. Im Hinblick auf neue Medikamente und Therapien ist das eine entscheidende Wendung.
Deutschland muss jetzt die Bremsen lösen
„Für Deutschland heißt das: Wir müssen jetzt Tempo machen bei der Digitalisierung unseres Gesundheitswesens“, sagte der Präsident des Digitalverbands Bitkom, Achim Berg. Grundsätzlich begrüßte er den Vorschlag der EU-Kommission. Der europäische Gesundheitsdatenraum könne die Versorgung der Menschen in Europa massiv verbessern. Auch die Gematik, Agentur für Digitale Medizin und Hauptverantwortliche für die Telematikinfrastruktur in Deutschland, äußert sich positiv zu der Ankündigung des europäischen Gesundheitsdatenraums. Die COVID-19-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig digitale Dienste im Gesundheitsbereich sind und in welchem Maße der Zugriff auf und der Austausch von Gesundheitsdaten durch die Komplexität der Vorschriften erschwert würden. Der EHDS solle dazu beitragen, dass Menschen ihre Gesundheitsdaten sowohl kontrollieren als auch nutzen können.
Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen eine konsentierte Fassung der EHDS-Verordnung verabschieden.
Die CGM begrüßt den EU-Gesundheitsdatenraum ausdrücklich. Die für die Umsetzung des Gesetzes für einen europäischen Datenraum notwendigen technischen Regelungen müssen noch von den verantwortlichen Stellen spezifiziert werden. Hier verfügt CGM über ein jahrzehntelang gewachsenes Expertenwissen der vorhandenen medizinischen Kommunikationsstandards und beteiligt sich aktiv an Spezifizierungsvorgängen. Bei der Ausgestaltung des „Datenraums“ wird eine Beteiligung der Industrie gefordert. So kann sichergestellt werden, dass die Anforderungen für alle Beteiligten anwenderfreundlich und zielgerichtet umgesetzt werden. Damit kann die Industrie ihren Beitrag für eine bessere grenzüberschreitende Versorgung mit den erforderlichen Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort leisten.