Anke Janz ist Fachärztin für Gynäkologie. Sie praktizierte bis 2019 am Katholischen Klinikum Koblenz-Montabaur und wechselte dann in das MVZ am Marienhof Koblenz. Nie mehr Nacht- und Wochenenddienst, dafür mehr Zeit für eine nachhaltige Arzt-Patienten-Beziehung. In dem MVZ kümmern sich täglich vier Ärztinnen und acht MFA um die weibliche Gesundheit und sorgen gemeinsam dafür, dass die Praxis ein gern besuchter Ort ist. Zum Interview treffe ich Anke Janz in der Praxis und erfahre eine ganze Menge über das neue Rollenverständnis der Medizinerinnen und Mediziner, die Bedeutung von Work-Life-Balance, die Chancen der Digitalisierung und den Nutzen von Nachhaltigkeit in der Praxis.
Das Interview ist eine weitere Folge aus der Serie „Mein Arzt“, in der ich Ärztinnen, Ärzte und Praxisteams vorstelle, denen ich persönlich meine Gesundheit anvertraue.
Anke Janz: Nach einem Semester Germanistik habe ich mich gefragt: „Und jetzt?“ Mir war ein Beruf wichtig mit einer klaren Perspektive. Während eines Pflegepraktikums habe ich bemerkt, dass ich Freude daran hatte, mich um Menschen zu kümmern. Zum Glück reichte mein Abiturdurchschnitt aus und ich brauchte keine Wartesemester.
Anke Janz: Als Mutter von zwei Kindern spielt für mich die Work-Life-Balance eine wesentliche Rolle. Action und OPs in der Klinik waren zwar aufregend, aber auch anstrengend. Deshalb habe ich mich für die Arbeit in einem MVZ entschieden und kann es mir bis zum Ende meiner beruflichen Laufbahn vorstellen. Routine ohne Abwechslung? Ich mag meine Arbeit und ich mag meine Patienten!
Anke Janz: Es ist sehr abwechslungsreich in der Gynäkologie. Verhütung und Kinderwunsch, die Wechseljahre stehen der Pubertät gegenüber, Krebsdiagnosen, aber auch schöne Nachrichten im Rahmen der Schwangerenbetreuung. Dadurch, dass hier immer ein sehr intimer Bereich betroffen ist, entsteht eine ganz besondere Arzt-Patient-Beziehung.
Anke Janz: Bei Arztpaarungen meiner Generation sind es immer noch meist die Frauen, die sich um die Familie kümmern und dann in Teilzeit arbeiten.
Anke Janz: Wenn ich mir die Krankenhäuser anschaue, sind dort viele männliche Chefärzte der älteren Generation. Bei der jüngeren Generation nimmt die Zahl der weiblichen Chefärzte und Oberärzte deutlich zu. Auch auf Kongressen sind unfassbar viele Frauen anzutreffen, die richtig gut und hochengagiert sind.
Anke Janz: Für mich spielt das keine Rolle. Für mich zählt der Mensch, insbesondere da ich auch mit Patienten zu tun habe, die sich weder mit dem männlichen noch mit dem weiblichen Geschlecht identifizieren.
Anke Janz: Da ist was dran! Männer sind dafür taffer, belastbarer und können manches besser wegstecken.
Anke Janz: Auf Digitalisierung im Gesundheitswesen kann man genauso wenig verzichten wie im privaten Bereich. Aber nicht alle Mitarbeiter sind automatisch bereit, den digitalen Weg auch in der Praxis mitzugehen. Sie halten an den analogen Gewohnheiten fest. Da muss mehr passieren.
Anke Janz: Gut ist, was die MFA bei ihrer Arbeit entlastet, z. B. die Online-Terminvergabe. Von der Videosprechstunde bin ich nicht so überzeugt, weil mir da der persönliche Kontakt fehlt. Dabei sorgt gerade der persönliche Kontakt für Vertrauen, auf dessen Basis Therapieerfolge erzielt werden.
Anke Janz: „Hier ist es jetzt, mach mal“, so läuft es oft für die MFA, wenn etwas Neues im Praxisalltag integriert werden muss. Ihr Stellenwert wird leider oft vernachlässigt. Dabei liegt eine Menge Arbeit bei ihr auf dem Tisch. Gerade beim Thema Digitalisierung leistet hauptsächlich die MFA die Aufklärungsarbeit bei den Patienten. Alles, was ihr dabei hilft, Tipps und Tricks aller Art, sind unheimlich wertvoll.
Anke Janz: Der „Halbgott in Weiß“ hat ausgedient. Weißer Kittel, männlich und über 40 Jahre galt früher als Markenzeichen und wurde ebenso von den Patienten erwartet. Aber junge Kollegen sind nicht mehr aufopferungsbereit und arbeiten nicht selbstverständlich Tage und Nächte durch. Arztsein bewirkt kein „Wow“ mehr, sondern ist ein normaler Beruf geworden.
Anke Janz: Ein zentrales Thema ist die Datenübermittlung. Es wird immer noch wie wild gefaxt. Das ist rückständig. Dennoch: Bei den TI-Anwendungen müssen die Grundstrukturen stehen und funktionieren, bevor sie eingeführt werden. Denn wenn die Software ausfällt, sind wir praktisch arbeitslos. Ich kann z. B. nicht auf Befunde zugreifen. Ehrlich, dann wünscht man sich die Karteikarte in Papierform zurück. Denn der Patient erwartet, dass man ihn und seine Patientenakte gut kennt, das macht einen ziemlich abhängig von dem System.
Ein ebenso wichtiges Thema ist der Ärztemangel. Warum nicht die Zugangsbeschränkungen für das Medizinstudium lockern? Damit der Einstieg nicht zusätzlich erschwert wird. Denn nur, weil jemand ein Einser-Abi hat, sagt das noch lange nichts darüber aus, ob er oder sie ein guter Arzt wird.
Anke Janz: Fakt ist: Der größte Müllanteil, den wir in der Praxis produzieren, besteht aus Papier. Wir schreddern täglich Berge von Befunden. Hygienevorschriften führen zu sehr viel Verschwendung, sind aber nicht vermeidbar. Bei Maßnahmen für eine bessere Ökobilanz wie „Bringen Sie beim nächsten Termin ein Handtuch mit“ möchte nicht jeder mitmachen. Wirklich effizienter arbeiten lässt sich erst, wenn die Digitalisierung voranschreitet. Ultraschallbilder sind ein gutes Bespiel dafür. Die werden bei uns nicht digitalisiert, sondern müssen von der MFA abgeheftet werden. Das raubt viel Zeit und viel Platz. Unsere Schränke sind voll. Es wäre unsagbar praktisch und sehr viel einfacher, wenn wir die Ultraschallbilder digital in unserem Arztinformationssystem ablegen könnten. Zwar wären Zusatzfunktionen zunächst mit Kosten verbunden, aber im Hinblick auf die Zukunft nachhaltig investiert.
Anke Janz: Manche Patienten haben Angst davor, dass die hochsensiblen Gesundheitsdaten in falsche Hände geraten. Bei uns geht es um Familienplanung, um Missbrauch, um hochprivate Dinge eben. Da ist manch einer Patientin unwohl dabei, dass solche Informationen auf einem Kärtchen abgelegt werden könnten. Ganz anders beim E-Rezept, das könnte viel schneller funktionieren, gerade bei den jüngeren Patientinnen. Die Überzeugungsarbeit wird wahrscheinlich wieder von den MFA in der Anmeldung und bei der Patientenvorbereitung zu leisten sein.
Anke Janz: Ich beobachte, dass junge Frauen aufgeklärt sind und ihren Körper gut kennen. Aber das Bewusstsein, dass man dafür etwas tun muss, z. B. durch regelmäßige Vorsorge, hat sich nicht allzu sehr verändert. Die meisten warten darauf, dass die Initiative vom Arzt kommt. Nur zu gut, dass wir uns in unserer Praxis ausreichend Zeit für den Patienten nehmen können. Hoffentlich bleibt das so!
„Ich mag meine Arbeit und ich mag meine Patienten!“